Wen soll eine Vermögenssteuer treffen?

6. April 2010

Steuermodell der GPA-djp

Gegen die Einführung einer Vermögenssteuer wird von den Ablehnern stets eingewendet, dass diese nur dann ein ein spürbares Mehr an Steuereinnnahmen bringt, wenn davon nicht nur sehr Vermögende, sondern auch das mühsam Zusammengesparte von besser Verdienenden betroffen ist.

Sehen wir uns also im Detail an, wen eine solche Steuer treffen würde. Nehmen wir dazu das modifizierte Steuermodell der GPA-djp. Dieses sieht ursprünglich folgende Regelung vor:

Freibetrag von 500.000 EUR,

Eingangssteuersatz von etwa 0,25%, der sich schrittweise

auf 1,5% bei 2 Mio. EUR Vermögen erhöht.

Mit diesem Modell würde der österreichische Staat Mehreinnahmen von 3,5 Milliarden Euro im Jahr lukrieren! Aber selbst wenn der Freibetrag auf 1,000.000 Euro erhöht wird und der Höchststeuersatz erst bei 2,5 Millionen erreicht wird, hätte das immer noch den Effekt, dass rund 3 Milliarden mehr an Steuern, die nicht über die Erhöhung von Verbrauchssteuern oder Reduzierung von Sozialleistungen eingenommen werden müssten, in den österreichischen Staatssäckel fließen könnten.

Verteilung des Vermögens in Österreich

Wen würde denn eine solche Steuer somit treffen? Wenn wir uns die Vermögensverteilung in Österreich ansehen, dann kommen wir zu folgendem Ergebnis:

das oberste 1% besitzt 34% des Gesamtvermögens,

die reichsten Top 2 – 10% besitzen weitere 35% des Gesamtvermögens,

die restlichen 90% besitzen 32% des Gesamtvermögens,

also besitzen in Österreich die reichsten 10% fast 70% des Gesamtvermögens.

D.h. das Vermögen ist in Österreich sehr stark konzentriert. Eine Minderheit verfügt über den Großteil des Vermögens.

Jener Teil der Bevölkerung, der mehr als zwei Drittel des Vermögens besitzt, verfügt überhaupt über einen Immobilien- uns sonstigen Besitz, der den Wert von 1 Million Euro überschreitet, also von der Vermögenssteuer betroffen wäre. Aber diese 10 Prozent besitzen jedoch mehr als 50 % aller Immobilien in Österreich, wobei die obersten 5 Prozent 23%, die obersten 1 Prozent 16% der Immobilien besitzen! Weiters sieht die durchschnittliche Zusammensetzung des Vermögens (Stand 2002) im obersten 1% folgendermaßen aus:

470.000 € Geldvermögen,

1.100.000 € Immobilien,

3.800.000 € Unternehmensbeteiligung

= 5.4000.000 € Gesamtvermögen.

Es ist dieser Teil der Bevölkerung und nicht der Besserverdienende aus dem Mittelstand, der eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus sein eigen nennt, der mit dieser Steuer getroffen werden soll. Und dieser Teil kann es sich ohne Probleme leisten, einen ordentlichen Beitrag zum Erhalt unseres Sozialstaates zu erbringen.

Die reichsten Österreicher

Schauen wir uns nämlich abschließend einige konkrete Beispiele aus dem Kreis der reichsten Österreicher an, die vom obigen Vermögenssteuermodell betroffen wären.

Die Familie Piech & Porsche:

Geschätztes Vermögen mit Stand Juli 2009: 24,5 Milliarden Euro (alle Angaben zum Vermögen stammen von Trend). Die ca. 60 Personen umfassende Familie, die seit Jahrzehnten bei Porsche das Sagen hat und auch bei VW immer wieder kräftig mitmischt, ist mit Abstand die reichste Familie in Österreich. Ferdinand Piech ist das einflussreichste Mitglied dieser Familie. Bis 2002 war Ferdinand Piëch Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, seitdem ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates. Als Vorstandsvorsitzender des Volkswagenkonzerns war er für die Entlassung zahlreicher Angestellter des oberen Managements sowie einer Vielzahl von Vorständen, sowohl bei Volkswagen als auch insbesondere bei Audi, mitverantwortlich. Zu erwähnen ist der Audi-Chef Franz-Josef Kortüm, der 1993 schon nach 13 Monaten verabschiedet wurde, weil Piëch mit den Absatzzahlen nicht zufrieden war. Auch der Nachfolger Herbert Demel musste den Posten nach wiederholten Auseinandersetzungen mit Piëch bald wieder räumen. Darauf folgte Franz-Josef Paefgen. Piëch hatte ihn im Jahre 2001 über ein Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in welchem er den „Stillstand” bei Audi kritisiert hatte, indirekt entlassen. Auch die Diskussion um die Zukunft des VW-Vorstandschefs Bernd Pischetsrieder Anfang 2006, welcher einst von Piëch als dessen Nachfolger aufgebaut wurde, wurde von einer Aussage Piëchs angestoßen. Dieser stellte im Februar 2006 öffentlich die Unterstützung Pitschetsrieders seitens der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat von VW in Frage. Dennoch wurde der Vertrag Pischetsrieders im Mai 2006 verlängert. Das hinderte den Aufsichtsrat allerdings nicht daran, Pischetsrieder zum 31. Dezember 2006 seines Vorstandspostens zu entheben.

Zuletzt sorgte Piechs Agieren in der Hauptversammlung von MAN für Unmut. Die MAN-Aktionäre empfinden Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch zunehmend als Diktator. Er drängt auf eine Kooperation mit Scania. Doch viele Aktionäre des Münchner Konzerns begehren auf. Kleinanleger wie große Fondsgesellschaften kannten beim Eignertreffen in München nur zwei Themen: Schmiergeldaffären und die Reizfigur Piëch, seines Zeichens Schattenherrscher beim MAN-Großaktionär Volkswagen. Der Eroberungsdrang des Piëch-Clans schaffe einen „rüpelhaften“ Umgang mit den anderen 70 Prozent der MAN-Aktionäre, der Autopatriarch lenke MAN wie einen VW-Teil und serviere Kritiker auch in Vorstandsrang nach Gutdünken ab, lauteten die Vorwürfe. VW hält knapp 30 Prozent an MAN und kontrolliert damit faktisch den Konzern. Viele Aktionäre schätzen, dass Piëch auf eine Fusion zwischen MAN und Scania unter dem VW-Dach zielt und er dabei alle Widerstände aus dem Weg räumt. So hätten MAN-Chef Hakan Samuelsson und zwei andere Topmanager jüngst gehen müssen.

Wer sein gigantisches Vermögen, wie Mitglieder aus dieser Familie, nur dafür nützt, um seine Macht stets aufs Neue in den Vorstandsetagen und Aufsichtsräten großer Industrieunternehmen zu demonstrieren, der kann es sich schon leisten, eine Vermögenssteuer in Millionenhöhe zu entrichten, damit der Staat über Kapital verfügt, um die etwaigen sozialen Folgen abzufedern, die das Wirken einer solchen Dynastie auf die Industriearbeitsplätze an den Unternehmensstandorten hat.

Die Flick-Erben:

Geschätztes Vermögen: 5,5 Milliarden Euro. Die Erben des 2007 verstorbenen Friedrich Karl Flick, der wiederum das Erbe seines Vaters steuerschonend nach Österreich transferierte, sind mit ihrem Vermögen die Nummer 2 in Österreich.Vor knapp vier Jahrzehnten starb der greise Schwerindustrielle Friedrich Flick. Er hatte zwei Mal eines der größten deutschen Industrieimperien in Familienbesitz geschaffen, einmal in den Jahrzehnten vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Nazizeit und dann noch einmal in der Bundesrepublik mit einer Daimler-Benz-Beteiligung als Kernstück. Flick war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband. Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte ihm zu Lebzeiten „ein großes und staunenswertes Lebenswerk“ bescheinigt.

Flick war nicht nur ein genialer Konzernschmied gewesen, sondern auch ein skrupelloser Virtuose der Macht. Mit seinem Geld hatte er politischen Einfluss genommen, wo immer es ihm nützlich erschien. Er war kein Nazi, aber Parteimitglied und hatte in der Hitler-Zeit alle Möglichkeiten genutzt, die die „Arisierung“ jüdischer Betriebe, der Raub ausländischen Eigentums und der Einsatz von Zwangsarbeitern boten. Er war schließlich Hitlers größter Rüstungsfabrikant gewesen. Sein „staunenswertes Lebenswerk“, das er hinterließ und als „industriellen Erbhof“ sah, blieb im Gegensatz zu anderen deutschen Industrievermögen jedoch nicht lange erhalten. Es gab Erbauseinandersetzungen und beim Konzernumbau einen Parteispendenskandal, die Flick-Affäre, der die Bundesrepublik Deutschland erschütterte. Schließlich verkaufte 1985 sein Sohn Friedrich Karl Flick als Haupterbe die Unternehmen und setzte sich steuersparend nach Österreich ab, wo er, wie nun auch seine Erben, von allen weiteren Anfechtungen verschont blieb.

Eine Familie, an derem Vermögen das Blut von Millionen Menschen klebt, die das Opfer eines Regimes wurden, das von dieser Familie finanziell gefördert wurde, um dadurch ökonomische Vorteile zu ziehen, indem sie schließlich zu Hitlers größtem Rüstungsfabrikant wurden und die Arisierung jüdischer Betriebe sowie die Ausbeutung von Zwangsarbeitern geschickt für sich zu nutzen wussten, soll einen angemessenen steuerlichen Beitrag zur öffentlichen Finanzierung des Gedenkens an die Schrecken der Nazizeit und zur Förderung des antifaschistischen Grundkonsenses unserer Republik leisten.

Dietrich Mateschitz:

Geschätzes Vermögen: 3,9 Milliarden Euro. Kaum ein Unternehmen der Welt investiert derart viel in Extremsportarten wie die Getränkefirma Red Bull. Etwa die Hälfte des Marketingbudgets von 30 Prozent des Jahreserlöses fließen in ausgefallene sportliche Aktivitäten wie Laufen am Himalaya, Drachenfliegen über den Ärmelkanal, Surfen am Amazonas oder Mountainbiking im Bergwerk. Im vergangenen Jahr waren das rund 250 Millionen Euro. Gefördert werden damit nicht nur Wettbewerbe wie „Giants of Rio“ oder „Battle of Kings“, sondern auch Athleten selbst. Hunderte Sportler stehen derzeit bei Red Bull unter Vertrag. Der Motorsport ist unbestritten die kostenintensivste Schiene, aber auch die imageträchtigste. Die Philosophie hinter diesen enormen Summen sieht Mateschitz im geänderten Verständnis von Sportsponsoring als Möglichkeit, nicht nur Energie, Kraft und Ausdauer zu fördern, sondern auch Witz, Geistreichtum und Sympathie. Genau betrachtet ist Red Bull auch kein Produktions-, sondern ein Marketingunternehmen, denn es hat weder Produktionsanlagen noch Lagerräume, noch Lastwagen. Abgefüllt wird Red Bull vom Vorarlberger Fruchtsaft-Erzeuger Rauch. 90 Prozent der knapp 2.000 Mitarbeiter sind in irgendeiner Form Manager mit „Didi“ Mateschitz als Boß. Während die Gesellschaft, die Mateschitz mit seinem Ersparten gegründet hatte, 1987 noch nicht einmal eine Million Euro erlöste, beträgt der Umsatz inzwischen weit mehr als 1 Milliarde Euro bei kolportierten zweistelligen Gewinnmargen.

Ein Unternehmer, der das Vermögen seines Unternehmens überwiegend in das Sponsoring seiner idiosynkratischen sportlichen Vorlieben steckt, soll über eine Vermögenssteuer ordentliche Beiträge zur Finanzierung eines die Gesundheit der Bevölkerung fördernden Breitensport leisten, bei dem die Ausübenden nicht Kopf und Kragen riskieren müssen.

Familie von und zu Liechtenstein

Geschätzes Vermögen in Österreich: 3,6 Milliarden Euro. Seinen gewaltigen Kunstschatz hat das Liechtensteiner Fürstenhaus zum Teil dem waghalsigen Husarenstück zweier treuer Untertanen zu verdanken. In einem Postbus und einem Lastwagen samt Anhängern schlugen sich Andreas und Franz Ritter aus dem Dorf Mauren in den letzten Kriegstagen 1945 auf abenteuerlichen Pfaden durch Österreich. Auf allerhöchste Bitten räumten sie dort die Verstecke aus, in denen ihre Obrigkeiten Gemälde und andere wertvolle Kunstwerke eingelagert hatten. Vorbei an versprengten Truppen und unberechenbaren Kontrollposten, schmuggelten die Brüder ihre brisante Fuhre nach Liechtenstein. Das großzügige Wohlwollen der Fürstenfamilie war ihnen fortan gewiss. Viele hundert Millionen Euro ist die weltweit einmalige Kunstsammlung derer von und zu Liechtenstein heute wert. Nur ein Bruchteil davon wird in dem Wiener Palais der Familie gezeigt; die meisten Werke sind eingelagert. Man besitzt so viele Exponate, dass bisweilen der Platz in den hoheitlichen Residenzen knapp wird. Dann wird entrümpelt – so wie im Jahr 2008. Damals ließ man mehr als 400 Stücke für fünf Millionen Euro versteigern. Nicht mehr als ein kleines Zubrot für ein Fürstenhaus, dessen Gesamtvermögen auf bis zu fünf Milliarden Euro taxiert wird.

Beileibe nicht Kunstgeschäfte allein haben die Herrscherfamilie des als Steueroase verrufenen, alpinen Zwergstaates zu den reichsten Monarchen Europas gemacht. Die Familie Lichtenstein treibt von ihrer Schlossfestung hoch über Vaduz aus die weltweiten Kunst-, Banken-, Immobilien- und Agrargeschäfte äußerst diskret voran. Fürst Hans-Adam II ist das Oberhaupt der weit verzweigten, etwa hundertköpfigen Familie. Er fungiert als eine Art Vorstandsvorsitzender der Liechtensteiner Fürstenhaus AG. Diejenigen, die ihn kennen, schildern ihn als ehrgeizig und in geschäftlichen Dingen höchst umtriebig. Wobei die Grenzen zwischen Eigeninteressen des Fürstenhauses und Staatsräson fließend sind. Keiner der 35.000 Liechtensteiner käme ernsthaft auf die Idee, der Fürstenfamilie Steuern abzuverlangen. Per Gesetz ist sie von solch lästigen Abgaben befreit. Um das politische Tagesgeschäft kümmert sich zwar eine gewählte Regierung. Doch ohne das Fürstenhaus geht nichts. Viele führende Posten in Staat und Justiz werden direkt von den Monarchen besetzt. Der älteste Fürstensohn Erbprinz Alois fungiert z.B. seit 15. August 2004 als Staatsoberhaupt.

Eine Familie, die sich ihre eigene alpine Steueroase als Spielwiese für ihre Geschäfte hält, soll über eine Vermögenssteuer dazu beitragen, dass der österreichische Staat in der Lage ist, Kunstschätze zu kaufen, die der breiten Bevölkerung in Museen auch zugänglich sind; außerdem sollen die Finanzbehörden durch diese Steuereinnahmen auch über das Personal und die Ressourcen verfügen können, die notwendig sind, um die Steuerhinterziehung in den Offshore-Finanzplätzen effizient bekämpfen zu können.

Johann Graf

Der verschwiegene Fleischhackersohn aus Döbling schaffte es mit Spielautomatenhandel innnerhalb von zwanzig Jahren zum Milliarden-Euro-Unternehmer zu werden. Sein derzeitiges Vermögen wird auf ca. 3,5 Milliarden Euro geschätzt. Die von ihm gegründete Novomatic AG, eine Gumpoldskirchner Firma, exportiert Spielautomaten vom Wurstelprater bis nach Swasiland und macht jährlich mehr 1,5 Milliarden Euro Umsatz. 14.000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen. All das ist diesem gelernten Fleischhauer zu verdanken: Johann Graf, ein zurückhaltender Selfmademilliardär, von Thomas Klestil im Jahr 2003 zum Professor ernannt. Aufgewachsen ist Graf im zerbombten Wien in Zimmer-Küche-Kabinett bei den Großeltern, wie er dem trend kürzlich in einem seiner seltenen Interviews verriet. 1980 importierte er zunächst Flipperautomaten und Wurlitzer. Er erkannte bald, wonach das Volk giert: Glücksspielautomaten, die er „Always Hot“, „Dolphin’s Pearl“ oder „Lucky Ladies Charm“ taufte. Rund 80.000 dieser Maschinen produzierte der Konzern vergangenes Jahr, 60.000 wurden verkauft. Sie rattern in Las Vegas und in den Indiandereservaten Colorados, in den Casinos Südafrikas, in Kaliningrad, Peru, Moldawien und im Grenzland bei Kleinhaugsdorf. In sechzig Ländern ist der Konzern aktiv. In Chile steht die Eröffnung des größen lateinamerikanischen Casinos bevor. In Russland hofft man auf ein Plätzchen in einem der vier El Dorados, die Putin gründen will.

Grafs Kontakte zu Politik und Medien sind exzellent. Johannes Hahn, der den Konzern auch noch als Gemeinderat jahrelang leitete, war Wissenschaftsminister und Wiens ÖVP-Chef und ist jetzt EU-Kommisar. Exinnenminister Karl Schlögl sitzt heute im Aufsichtsrat. Hannes Reichmann, einst einer der besten investigativen Wirtschaftsjournalisten des Landes, ist Konzernsprecher. Konzernchef Johann Graf ist auch auf der Mitgliederliste des berüchtigten Vereins der Polizeifreunde (siehe Florian Klenk im Falter vom 21.11.2007).

Ein Mann, der sein Milliardenvermögen dem Vertrieb von Spielautomaten und dem Betreiben von Wettcafes verdankt, soll über eine Vermögenssteuer seinen Beitrag zur Finanzierung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für jene zehntausende Spielsüchtige leisten, die durch ihre Sucht Tag für Tag gefährdet sind, sich und ihre Familien um die Existenzgrundlage zu bringen.