Budgetsanierung nicht zu Lasten der ArbeitnehmerInnen

14. März 2010

Wachsendes Budgetdefizit

In Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wird Österreich bis 2011/12 ein Budgetdefizit von 5-6 Milliarden Euro über dem nach dem Maastrichtkriterium zulässigen 3% jährlich aufbauen. Da der Stabilitätspakt der EU – abgesehen von kurzfristigen Ausnahmen – jedoch nur ein Defizit von höchsten 3% jährlich für zulässig erachtet, wird Österreich in den nächsten Jahren gegensteuern müssen, um dieses Defizit wieder abzubauen. Auf welchem Wege soll dies geschehen?

Der falsche Weg

Es ist zu befürchten, dass wie in der Vergangenheit diese Sanierung des österreichischen Haushalts über Maßnahmen erfolgen soll, die in erster Linie die ArbeitnehmerInnen trifft. Denn neben Einsparungen auf der Ausgabenseite wie der Verwaltungsreform werden Maßnahmen, wie die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes, Einsparungen bei den sozialen Sicherungssystemen und sonstige Steuererhöhungen, die den Faktor Arbeit sowie die unteren und mittleren Einkommen noch stärker belasten, angedacht. Das wäre jedoch der vollkommen falsche Weg. Denn erstens haben die ArbeitnehmerInnen diese Krise nicht verursacht. Die Krise ist vielmehr eine Folge einer alle Vorsicht außer Acht lassenden Spekulationsblase auf den internationalen Finanzmärkten, der über eine massive Vertrauenskrise der Banken auf die gesamte Wirtschaft übergegriffen hat. Zweitens würden diese Maßnahmen jene Menschen treffen, die als Konsumenten als einzige dem Abwärtstrend der Wirtschaft Widerstand geleisten haben. Wenn durch diese Maßnahmen der Konsum ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird, dann wird das zarte Plänzchen Konjuktur, das durch einige Maßnahmenpakete gehegt wurde, mit der Wurzel ausgerissen. Die Folge davon wäre, dass statt einer Verringerung des Budgetdefizits eine Zunahme aufgrund geringerer Steuereinnahmen durch sinkendes Wirtschaftswachstum eintreten würde.

Der richtige Weg

Statt jene zu bestrafen, die keine Schuld an der Krise trifft, und die Konjuktur abzuwürgenm, sollten vielmehr Maßnahmen getroffen werden, die erstens jene zur Kasse bittet, die diese Krise zu verantworten haben; zweitens jene trifft, die sich seit vielen Jahren aus der Verantwortung stehlen, einen solidarischen Beitrag an den Kosten zur Finanzierung unserer hochentwickelten Gesellschaft zu leisten. Maßnahmen, die die Verursacher der Krise treffen würde, sind:
a) Bankenabgabe: Diese sollte keiner weiteren Diskussion bedürfen, da der Bankensektor durch die massive Unterstützung der Öffentlichkeit vor dem Zusammenbruch gerettet wurde, sodass es nur fair ist, wenn sich die Banken durch eine spezifische Abgabe dem Staat gegenüber für seine Rettungsaktion dankbar zeigen.
b) Finanztransaktionssteuer: Da die Finanzmärkte durch ihr „System der organisierten Verantwortungslosigkeit“ (Erich Foglar) immer neue Spekulationsblasen nährt, die schließlich platzen müssen, ist es dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die dem ungeregelten Wildwuchs der Spekulation einen Riegel vorschiebt. Die Finanztransaktionssteuer wäre neben der Regulation der Hedgefonds und Private Equity Fonds sowie dem Austrocknen von Steueroasen ein wichtiger Schritt auf deisem Wege.

Maßnahmen, die jene treffen würde, die es sich erstens leisten können und zweitens zur Zeit einen nicht angemessenen Beitrag im Steuersystem leisten, sind:
a) Vermögenssteuer: In Österreich leisten Vermögende eine Beitrag von weniger als 2% des Steueraufkommens. Die ArbeitnehmerInnen hingegen tragen durch Lohn- und Umsatzsteuer gut zwei Dritteln der Steuerlast. Wenn ab einem Freibetrag von EUR 500.000,– eine progressive Vermögenssteuer von 0,25% bis 1,5% eingeführt wird, so bringt das dem österreichischen Staat Mehreinnahmen von 3,5 Milliarden Euro. Dadurch könnte der Faktor Arbeit entlastet und das Budgetdefizit abgebaut werden.
b) Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Privatstiftungen: Während auf alle sonstigen Zinserträge eine Kapitalertragssteuer von 25% anfällt, können Vermögende in Österreich durch die Gründung einer Privatstiftung einen begünstigten Steuersatz von 12,5% in Anspruch nehmen. Dieser völlig unverständliche Vorteil für Vermögende sollte dringend aus der Welt geschafft werden.
c) Einführung einer reformierten Schenkungs- und Erbschaftssteuer: Da von der Abschaffung vor allem eine kleine Gruppe von sehr Vermögenden profitiert hat, sollte diese in abgewandelter Form wieder eingeführt werden. Um z.B. nicht die Mittelschicht sowie die Klein- und Mittelbetriebe zu treffen, sollte ein hoher Freibetrag von EUR 400.000,– gelten.
d) Aufhebung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren: Die in Österreich geltende Frist von einem Jahr begünstigt Börsengewinne gegenüber anderen Kapitalerträgen und sollten deshalb aufgehoben werden. Die Kursgewinne sollten somit generell mit 25% endbesteuert werden.
e) Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer: Die Börsenumsatzsteuer, die 2000 abgeschafft wurde, sollte mit einem höheren Steuersatz von 0,25% wiedereingeführt werden. Diese erübrigt sich jedoch, falls die oben genannte Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer gelingen sollte.
f) Abschaffung der Gruppenbesteuerung: Seit der Reform von 2005 können Unternehmen bei der Körperschaftsteuer die Verluste von ausländischen Beteiligungen gegenverrechnen, sodass sich der ohnehin geringe Steuersatz von 25% real weiter verringert. Dieser Möglichkeit muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden, da sonst durch das starke Engagement von österreichischen Unternehmen im krisengeschüttelten Osten auf Jahre hinaus die Steuerleistung massiv sinken würde.

Durch all diese Maßnahmen könnte das Budgetdefizit in Österreich verringert werden, ohne dass die Mehrheit der Bevölkerung schmerzlich zur Kasse gebeten wird!


Was ist Gerechtigkeit? Aktuelle Positionen in der Philosophie der Gegenwart III

28. Mai 2009

Aktuelle Positionen (Fortsetzung)

Axel Honneth

Axel Honneth kritisiert ähnlich wie die Vertreter des Kommunitarismus, dass die liberalen Gerechtigkeitstheorien als Prämisse von einer Vorstellung ausgehen, nach der die Beteiligten ihre Lebenspläne auf der Grundlage isolierter individueller Freiheitsvorstellungen realisieren wollen. Unter Bezugnahme auf Hegel entwickelt er dagegen ein Bild sozialer Gerechtigkeit, das dadurch bestimmt ist, dass die Beteiligten in Rechnung stellen, dass sie ihre Freiheit nur im Zusammenspiel mit Anderen und deren Freiheitsspielräumen verwirklichen können. Daraus ergibt sich für Honneth, dass Gerechtigkeit nicht anhand zu verbürgender Güter, sondern durch die Ausgestaltung gegenseitiger Verpflichtungen zu bestimmen ist.

Honneth führt aus, dass das Bild vom Schleier des Nichtwissens, das Rawls zur Darstellung der Forderung nach Unparteilichkeit verwendet, „das Faktum der menschlichen Intersubjektivität verschwinden lässt:“ Würden die Beteiligten im Urzustand „eine elementare Kenntnis von ihrer Bedürftigkeit nach Anerkennung besitzen“, […] dann würden sie sich vermutlich auf Gerechtigkeitsprinzipien einigen, die im Unterschied zum Rawlschen Vorschlag dieser sozialen Bedürftigkeit Rechnung tragen würde.“ (Gerechtigkeit und kommunikative Freiheit. Überlegungen im Anschluss an Hegel, S. 5/6, zuerst veröffentlicht in: Barbara Merker/Georg Mohr/Michael Quante (Hrsg.): Subjektivität und Anerkennung. mentis: Paderborn 2004)

Die Ausstattung der Individuen mit ‚subjektiven Rechten‘ ist nicht das Ergebnis einer fairen Distribution, sondern ergibt sich aus dem Umstand, dass sich die Gesellschaftsmitglieder als freie und gleiche anerkennen.“ (GukF, 4) Intersubjektive Beziehungen werden so zu notwendigen Bedingungen individueller Autonomie. Fehlende Anerkennung führt zum Gefühl der Ungerechtigkeit. Dies wird nach Honneth durch empirische Ergebnisse der soziologischen und historischen Forschung ebenso wie durch die Entwicklungspsychologie bestätigt.

Für Honneth verschiebt sich damit die Konzeption der Gerechtigkeit von einer Frage der Verteilung hin zu Grundsätzen, „die sich auf die staatliche Gewährleistung von sozialen Voraussetzungen der wechselseitigen Anerkennung beziehen.“ (GukF, 7) Voraussetzung für eine stabile Beziehung ist die Anerkennung gemeinsamer moralischer Normen, die in einer habituell eingeübten Handlungspraxis wie zum Beispiel der Freundschaft erworben wird. Die Selbstachtung, die bei Rawls ein Grundgut ist, entsteht für Honneth „als das Ergebnis einer gestaffelten Einbeziehung in unterschiedliche Kommunikationssphären, die alle durch eine spezifische Form der wechselseitigen Anerkennung geprägt sind.“ (GukF, 7) Gerechtigkeit ist nicht die Gewährung von individuellen Grundfreiheiten, sondern die egalitäre Ermöglichung von Anerkennungsverhältnissen. Insofern tritt neben die auf dem Recht beruhenden Verteilungsgerechtigkeit auch die Bedürfnisgerechtigkeit, abgeleitet aus dem Prinzip der Liebe, sowie die Leistungsgerechtigkeit, die auf einer fairen Arbeitsteilung basiert und Ausdruck sozialer Wertschätzung ist.

Jürgen Habermas

Jürgen Habermas hat keine eigenständige Rechtsphilosophie entwickelt, sondern seine grundlegenden Überlegungen zu diesem Thema in seine Theorie des kommunikativen Handelns und in die Diskursethik eingebettet. Metaphysische Begründungen des Rechts wie eine gottgegebenes Recht, ein Naturrecht, den Rückgriff auf das Wesen des Menschen, aber auch eine höhere Einsicht der Vernunft lehnt Habermas ab. Im Gegensatz zum Historismus und zum Rechtspositivismus, die sich ihrerseits auf die Untersuchung des empirisch vorhandenen Rechts beziehen, verweist Habermas andererseits darauf, dass das Recht für seine Geltung einer Legitimation bedarf. Eine Reduzierung auf die Faktizität reicht nicht aus. Ohne Legitimation fehlen dem Recht die Akzeptanz der Adressaten und damit deren Bereitschaft, es einzuhalten. In der Geschichte findet sich eine Vielzahl von Beispielen unzureichender Akzeptanz bestehender Rechtsverhältnisse, so in Staaten mit Sklaverei, im Absolutismus, aber auch im liberalen Kapitalismus des 19. Jahrhunderts. Da gesellschaftliche Entwicklungen dynamisch und komplex sind, erscheint es Habermas nicht möglich, bestimmte Rechtsverhältnisse philosophisch als ideal auszuweisen. Naturrecht und Vertragstheorien können die Lebensverhältnisse sowie die Mobilität und Pluralität der modernen Gesellschaft nicht abbilden.

Allerdings kann man laut Habermas auf den Zusammenhang von Recht und Moral für eine Legitimierung des Rechts nicht verzichten, „ohne dem Recht das ihm wesentlich innewohnende Moment der Unverfügbarkeit zu nehmen.“ (Faktizität und Geltung, 594) Der Ausweg ist für Habermas eine Legitimation durch das Verfahren eines demokratischen Diskurses. Der Rückgriff auf positives Recht allein reicht nicht. Denn positives Recht ist im Extremfall auch im Totalitarismus funktionsfähig. Zur Legitimation bedarf es einer demokratischen Verfasstheit. Dies bedeutet, dass die rechtsetzende Macht selbst an rechtliche Verfahren gebunden ist und die von den Gesetzen Betroffenen durch Beteiligung an deren Entstehung mitwirken. Die Forderung wird erfüllt, wenn die Festlegung der Rechtsnormen sich auf das Diskursprinzip stützt. Durch den Diskurs kann deren Geltung gerechtfertigt werden.

Als Voraussetzung für einen solchen Diskurs fordert Habermas:

  • für jeden ein größtmögliches Maß an gleicher subjektiver Handlungsfreiheit
  • die Bestimmtheit der betroffenen Rechtsgenossen
  • garantierte Rechtswege zur Durchsetzung von Ansprüchen.

Diese allgemeinen Rechtsprinzipien dienen der Orientierung und müssen durch konkrete Regelungen materiell ausgefüllt werden.

Habermas’ diskursethischer Ansatz als reines Formprinzip der Verfahrensgerechtigkeit geht von einer idealen Situation sachkundiger und vernünftiger Teilnehmer am Diskurs aus (ideale Sprechsituation). Aufgrund der tatsächlichen Lebensverhältnisse ist die praktische Umsetzbarkeit zu bezweifeln.

Amartya Sen

Der indische Ökonom Amartya Sen legt seinem Gerechtigkeitskonzept einen differenzierten Freiheitsbegriff zugrunde. Freiheit ist demnach ein intrinsischer Wert, weil sie es dem Menschen ermöglicht selbstbestimmt zu leben. Sie umfasst neben der Abwesenheit von Hindernissen (passive Freiheit) vor allem auch die Möglichkeit, nach eigenen Wünschen zu handeln (aktive Freiheit). Freiheit ist daher ein normatives Ziel, ein Zweck an sich. Eine Gesellschaft ist um so gerechter, je mehr ihre Mitglieder über „Verwirklichungschancen“ (capabilities) verfügen.

Von der konstitutiven (grundsätzlichen) Funktion der Freiheit sind ihre instrumentellen Funktionen zu unterscheiden. Letztere dienen den Menschen als Mittel, den Grundwert der Freiheit und damit die Verwirklichungschancen sicherzustellen. Zu den instrumentellen Freiheiten zählt Sen (OfdM, 52)

  1. politische Freiheiten (Kritik, Widerspruch, Wahlrecht etc.)
  2. ökonomische Institutionen (Ressourcen, Bedingungen des Tausches, Verteilung)
  3. soziale Chancen (Bildung, Gesundheit)
  4. Transparenzgarantien (Pressefreiheit, Informationspflichten z.B. gegen Korruption)
  5. soziale Sicherheit (Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, Mindestlöhne)

Laut Sen hängt die konstitutive Freiheit von dem Umfang der instrumentellen Freiheit ab. Er zeigt anhand von empirischen Untersuchungen, dass Wechselbeziehungen und Komplementaritäten zwischen den instrumentellen Freiheiten bestehen. Demnach ist Einkommen zwar ein grundlegender Faktor für Wohlstand und damit für Verwirklichungschancen. Jedoch sind andere Faktoren ebenfalls wichtig. So korreliere die Lebenserwartung nicht eindeutig mit dem Einkommen. Denn es gibt Staaten mit einer durchschnittlich vergleichsweise hohen Lebenserwartung, deren durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen deutlich niedriger ist, als dasjenige in anderen Staaten mit geringerer Lebenserwartung.

Zur Bewertung der Gerechtigkeit in einer konkreten Konstellation schlägt Sen vor, den Grad der als „objektive Möglichkeit“ bestehenden Verwirklichungschancen zu messen (Capability-Ansatz). Eine Verwirklichungschance (Handlungsmöglichkeit) bezeichnet Sen als Funktion (functioning). Da Menschen an die Person gebundene Voraussetzungen mitbringen, sich jeweils in unterschiedlichen Situationen befinden, in einen jeweils anderen sozialen Zusammenhang eingebunden sind und jeweils unterschiedliche persönliche Präferenzen haben, sind auch die Verwirklichungschancen für jedes Individuum verschieden. Gemessen wird ein Bündel an objektiv verfügbaren Handlungsmöglichkeiten (agencies), die dem Einzelnen zur Verfügung stehen. So hat der in einer reichen Gesellschaft fastende Mensch andere Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zu dem hungernden Menschen in einer armen Gesellschaft.

Um festzulegen, welche Verwirklichungschancen in einer Gesellschaft als wertvoll angesehen werden und den Wohlstand (well being) ausmachen, bedarf es partizipativer sozialer Entscheidungen aufgrund eines demokratischen Diskurses. Auf diese Weise werden die nur für das Individuum festzumachenden Verwirklichungschancen in den gesellschaftlichen Zusammenhang eingebunden. Reale Freiheit fordert somit auch den aktiven Bürger, der seine Chancen durch Teilnahme wahrnimmt. Sen formuliert damit ein republikanisch-liberales Politikverständnis. Der partizipative Diskurs stellt sicher, dass der Capability-Ansatz sich mit der fortschreitenden Entwicklung einer Gesellschaft stetig erneuert und fortgeschrieben wird.

Sen, dessen Ausgangspunkt Überlegungen zur Entwicklungspolitik und zur Gerechtigkeit in einer globalisierten Welt sind, untersucht Gerechtigkeit unter dem Aspekt, ob sie universell für alle Menschen oder nur partikulär bezogen auf einzelne Nationen angesehen wird.

Je nach Perspektive ergeben sich unterschiedliche Politikansätze. Universalistisch sind, argumentiert Sen, der Utilitarismus oder die Vernunftethik Kants. Partikularistisch ist hingegen der Kommunitarismus, der noch innerhalb einer Nation auf die verschiedenen Perspektiven sozialer Gemeinschaften und gesellschaftlicher Gruppen abhebt. Auch wenn der Universalismus für eine globale Gerechtigkeit eine klare, nicht von der Hand zu weisende Konzeption zu ermöglichen scheine, so sei er mit dem Problem konfrontiert, dass es für seine Durchsetzung einer globalen Institution, etwa einer Weltregierung, mit entsprechender Macht und entsprechenden Ressourcen bedarf. Die hierfür infrage kommenden Vereinten Nationen verfügen jedoch nicht über adäquate Möglichkeiten.

Stattdessen schlägt Sen ein Konzept vor, das er „plurale Einbindung“ (Sen: Globale Gerechtigkeit Nr. 20-21) nennt. Zur Weiterentwicklung einer globalen Gerechtigkeit sollen alle transnationalen Institutionen von zwischenstaatlichen Verträgen über multinationale Unternehmen (beispielsweise in Fragen einer gerechten Entlohnung) bis hin zu sozialen Gruppen und Nichtregierungsorganisationen beitragen.

Der Capability-Ansatz von Sen hat breite internationale Anerkennung gefunden und findet Berücksichtigung in diversen Armutsberichten.

Zusammenfassung

Bezüglich der verschiedenen modernen Positionen zur Gerechtigkeit lässt sich festhalten, dass es beim Thema Gerechtigkeit in vielen Punkte weitgehende Übereinstimmung gibt, z.B. bei der Ausübung der bürgerlichen Freiheitsrechte, der Chanchengkeichheit, auch wenn unterschiedliche Gewichtungen bestehen. Bei der Frage nach Eigentum, Besitz und Vermögen scheiden sich jedoch die Geister. Aufgrund der nach wie vor bestehenden Vorherrschaft liberaler Grundhaltungen ist der Eingriff in diese Sphäre noch immer völlig tabuisiert.

Angesichts des völligen Ungleichgewichts bei Besitz, Eigentum und Vermögen, der heute global betrachtet vorliegt, ist es jedoch fraglich, ob Gerechtigkeit hergestellt werden kann, ohne dass hier ein massiver Einschnitt erfolgen muss.


Was ist Gerechtigkeit? Aktuelle Positionen in der Philosophie der Gegenwart II

28. Mai 2009

Gegenwärtige Strömungen

Nach diesem geschichtlichen Rückblick will ich nun die gegenwärtig vorherrschenen Positionen vorstellen.

John Rawls

Rawls hat mit der Theorie der Gerechtigkeit (TG) 1971 eine grundlegende Diskussion über die Frage der Gerechtigkeit in der politischen Philosophie ausgelöst. Seine Gerechtigkeitstheorie ist eine Vertragstheorie, die in ihren Grundgedanken an Locke und Kant anknüpft, zugleich aber die Frage der sozialen Gerechtigkeit und moderne Methoden der Entscheidungs- und Spieltheorie mit einbezieht. Nach Rawls hat eine Gesellschaft zwei Grundfunktionen: Die Förderung der Interessenharmonie und die Bewältigung von Konflikten. Um diese Aufgaben zu lösen, bedarf es der Gerechtigkeit. Diese ist „die erste Tugend sozialer Institutionen“ (TG, 19). „Es sind Grundsätze nötig, um zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Regelungen der Güterverteilung zu entscheiden und eine Einigung darüber zu erzielen. Das sind die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit: sie ermöglichen die Zuweisung von Rechten und Pflichten in den grundlegenden Institutionen der Gesellschaft, und sie legen die richtige Verteilung der Früchte und Lasten der gesellschaftlichen Zusammenarbeit fest“. (TG, 21/22) „Der Gerechtigkeitsbegriff ist also für mich definiert durch seine Grundsätze für die Zuweisung von Rechten und Pflichten und die richtige Verteilung gesellschaftlicher Güter. Eine Gerechtigkeitsvorstellung ist eine Ausdeutung dieser Funktion.“ (TG, 26)

Rawls skizzierte diese Theorie durch eine fiktive Ausgangssituation als Urzustand mit folgenden Elementen:

  • Gleichheit: Jeder hat bei der Wahl der Grundsätze die gleichen Rechte.
  • Verbindlichkeit: Jeder stimmt zu, dass beschlossene Grundsätze eingehalten werden müssen.
  • Schleier des Nichtwissens: Niemand weiß, welche Rolle er nach Verabschiedung der Grundsätze in der neuen Ordnung einnehmen wird.
  • Neutralität: Jeder verhält sich bei der Festlegung der Grundsätze neutral in Bezug auf alle anderen Beteiligten.
  • Anerkennung von gesellschaftlichen Grundgütern: Hierzu zählen insbesondere Rechte, Freiheiten und Chancen, Einkommen und Vermögen sowie die sozialen Grundlagen der Selbstachtung.

Wenn diese Grundlagen gegeben sind, können sich die Beteiligten nach Rawls auf zwei Grundprinzipien einigen:

  1. Jede Person hat ein gleiches Recht auf das umfassende System gleicher Grundfreiheiten, das mit demselben System von Freiheiten für alle vereinbar ist.

  2. Soziale und ökonomische Ungleichheiten sind zulässig, wenn sie

a) mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die allen unter Bedingungen fairer Chancengleichheit zur Verfügung stehen.

b) zu einem größeren zu erwartenden Vorteil für die am wenigsten Begünstigten führen (Differenzprinzip).

Als Nebenbedingungen formulierte Rawls zwei Vorrangregeln:

  1. Vorrang der Freiheit: Die Gerechtigkeitsprinzipien stehen in lexikalischer Ordnung (gelten der Reihe nach), das heißt dass die Freiheit nur eingeschränkt werden kann, wenn diese Einschränkung die Freiheit im Gesamtsystem stärkt und alle dieser Einschränkung zustimmen können.

  2. Vorrang der Gerechtigkeit: Die Chancengleichheit hat einen Vorrang gegenüber dem Differenzprinzip, solange die Chancenungleichheit nicht die Situation der Schlechtergestellten verbessert.

Mit diesem Argument trat Rawls für einen Sozialstaat ein, in dem eine Korrektur der Verteilung zugunsten weniger Begünstigter zum Beispiel im Bereich der Bildung legitim ist.

Der Utilitarismus ist eine ethische Position, die die beabsichtigten Folgen von Handlungen bewertet (Konsequenzprinzip). Er steht damit im Gegensatz zu einer deontologischen Ethik wie der Kants, deren Maßstab Handlungszwecke sind. Die Utilitaristen knüpfen an die Auffassung Humes an, dass ethische Werte nicht von sich aus bestehen, sondern erklären sie aus der menschlichen Praxis. Der Maßstab für das ethisch Gute ist allein der Nutzen, den eine Handlung stiftet (Wertprinzip). Insofern spielt Gerechtigkeit ähnlich wie bei Hume im Utilitarismus nur eine sekundäre Rolle, nämlich insofern sie zu einem positiven Nutzen führt. Für den Utilitarismus ist all das gerecht, was den Nutzen vermehrt und den Schaden vermindert. Verteilungen von Gütern und Handlungen werden anhand ihres Nutzens vorgenommen.

Bruce Ackerman

Eine weitere Fassung des politischen Liberalismus formulierte Bruce Ackerman in seinem Buch „Social Justice in a Liberal State“ (SJ). Auch Ackerman verwendet ein Gedankenexperiment zur Verdeutlichung seiner Ideen. In einem Raumschiff wird beratschlagt, wie die Kolonisten für einen Planeten mit der allgemeinen Ressource „manna“ ausgestattet werden sollen. Die einzig überzeugende Verteilung ist für Ackerman die Gleichverteilung. Manna steht dabei als Symbol für Geld in der realen Welt und das Gedankenexperiment dient der Begründung für die Zulässigkeit einer Umverteilung. Ziel der Verteilung ist es, eine „unabhängige Unterschiedlichkeit“ (undominated diversity, SJ, 116) sicherzustellen. Wenn jemand ein Lebensprojekt verfolgt, das allgemein für gut gehalten wird, so hat er einen Anspruch, dass Behinderungen in der natürlichen Ausstattung ausgeglichen werden.

Zur Regelung von Konflikten entwickelt Ackerman ein eigenes Konzept des Diskurses zur Legitimation von Macht in der Gesellschaft. Jeder der Macht ausübt, also nicht nur die Regierung, muss sie gegenüber seinen Mitbürgern legitimieren. Eine solche Legitimation ist dann akzeptabel, wenn sie drei Prinzipien erfüllt:

  • Rationalität: Es müssen sachliche Gründe vorliegen. (SJ, 4)
  • Konsistenz: Die Gründe dürfen in sich nicht widersprüchlich sein. (SJ, 7)
  • Neutralität: Die Gründe dürfen nicht auf einer Werthaltung (Religion, Weltanschauung) beruhen (SJ, 10)

Legt man diese Maßstäbe für den liberalen Dialog (liberal conversation) zugrunde, darf sich nach Ackerman zum Beispiel der Staat nicht in die Religion einmischen (SJ, 111), sind Abtreibungen legitim (SJ, 126/127), ist Zensur nicht erlaubt (SJ, 153) oder haben Privatschulen keinen Anspruch auf öffentliche Förderung (SJ, 160). Begründet ist es auch, wenn eine Gesellschaft Immigration nur solange zulässt, solange die politische Stabilität nicht gefährdet ist (SJ, 95). Die Möglichkeit, Konflikte zu solchen Themen zu lösen, sieht Ackerman in der Ausrichtung der Teilnehmer im Rahmen des liberalen Dialogs auf pragmatische Lösungen. Die ideale Sprechsituation von Habermas lehnt er als kontrafaktisch ab.

Eine neue Diskussion unter dem Stichwort Teilhabegesellschaft hat Ackerman gemeinsam mit Anne Alstott angestoßen, als beide in dem Buch „The Stakeholder Society“ den schon auf Thomas Paine zurückgehenden Vorschlag einer Grundrente aufgriffen und für jeden aus einem zu schaffenden Fonds eine bedingungslose Einmalzahlung in Höhe von 80.000 USD (den üblichen Kosten eines Studiums) zum 18. Lebensjahr vorschlugen. So lassen sich soziale Notlagen von vorn herein zumindest teilweise vermeiden und jeder bekommt eine größere Chance, sich selbst zu verwirklichen. Die Finanzierung des Fonds soll zunächst aus Erbschaft- und Vermögensteuern erfolgen und im zweiten Schritt aus Rückzahlungen der Begünstigten am Ende des Lebens, d.h. dann durch Zahlung des Grundbetrages einschließlich Zinsen aus dem zu vererbenden Vermögen (Bürger-Erbschaft). Lohnzuschüsse betrachten Ackerman/Alstott als reine Wohltätigkeit, die keinen unmittelbaren Bezug zur geforderten Chancengleichheit hat. Aufgabe des Staates ist es, Marktversagen zu korrigieren, nicht aber, in individuelle Lebenspläne einzugreifen Die Einmalzahlung und deren freie Verwendung richtet sich daher auch gegen eine immer stärker zunehmende Fürsorge-Mentalität. Mit der Einmalzahlung erhält der Einzelne eine höhere Verantwortung für das eigene Leben.

Kommunitarismus

1982 erschien Michael J. Sandels Buch Liberalism and the Limits of Justice. Darin setzt sich Sandel kritisch mit einem Hauptwerk der politischen Theorie im 20. Jahrhundert auseinander, der Theorie der Gerechtigkeit von John Rawls aus dem Jahr 1971. „Der Kommunitarismus diagnostiziert im Sinne der Postmoderne eine Krise moderner Gesellschaften (Entsolidarisierung; Werteverfall; Legitimitäts-, Identitäts- und Sinnkrise), als deren Ursache er einen radikalen, von der Ideologie des Neoliberalismus geförderten Individualismus ausmacht, um im Gegenzug die notwendige Rückbesinnung auf Bedeutung und Wert von Gemeinschaft (community) zu fordern.“ (Günter Rieger: Kommunitarismus, in: Dieter Nohlen, Rainer-Olaf Schultze (Hrsg.): Lexikon der Politikwissenschaft. Bd 1. 2.Aufl. Beck, München 2004, 433)

Der Kommunitarismus begreift den Menschen als soziales Wesen, das notwendig von Kultur und Tradition seines Gemeinwesens geprägt ist. Der Liberalismus gilt unter den Kommunitaristen als selbstzerstörerisch. Die ökonomische Nutzenmaximierung, die Selbstverwirklichung und eine Überbetonung des Individuellen, welches auf Kosten des Gemeinwohls geht, sind kennzeichnend für den Liberalismus. Dem Liberalismus wird deshalb vorgeworfen, dass er dadurch die gemeinschaftlichen Grundlagen seiner eigenen Kultur untergrabe. Diese haben wiederum aber erst Demokratie und Freiheit ermöglicht.

Die Kommunitaristen sehen im Liberalismus und der damit verbundenen „atomisierten Gesellschaft“ die Gefahr, dass der Markt die Macht übernimmt und regiert. Demgegenüber verfolgen die Kommunitaristen eine gemeinwohlorientierte Politik. Hierfür fordern sie mehr bürgerliches Engagement, die Stärkung der Zivilgesellschaft und die Rückbesinnung auf Bürgertugenden des Republikanismus. Als Mittel zum Erreichen dieser Ziele sehen sie hierbei zum Beispiel die Dezentralisierung staatlicher Aufgaben an. Dies soll lokale Gemeinschaften, die direkte Demokratie und eine stärkere politische Bildung fördern.

Dies schließt aber seine Individualität und sein unabhängiges sowie vernünftig begründetes Urteilen nicht aus. Besser wäre es demnach, den Mensch als soziales Individuum zu betrachten. Besonders Charles Taylor und Alasdair MacIntyre haben dies, wie der oben genannte Sandel, deutlich herausgearbeitet. Der Kommunitarismus befürwortet die freie Entfaltung des Einzelnen, solange sie sozial verträglich ist. Im Liberalismus hingegen wird die freie Entfaltung des Individuums oft als wichtiger angesehen – sie soll nur aus sehr wichtigen Gründen eingeschränkt werden.

Den Ursprung der voranschreitenden Individualisierung sehen die Kommunitaristen in dem im 20. Jahrhundert einsetzenden Industriekapitalismus. Waren im 18. und 19. Jahrhundert individuelle Rechte noch in ein Geflecht von Familie, Gemeinde und Glaubensgemeinschaft eingebunden, so wurde im Zuge des Industriekapitalismus die gesellschaftliche Balance zugunsten der ökonomischen Nutzenmaximierung verschoben. Beschränkungen aus der Moral und der Religion verloren immer stärker an Bedeutung. Die Folge war, dass sich die Menschen immer mehr in die Privatheit zurückzogen und bürgerschaftliches Engagement zu einem großen Teil verloren ging. Gleichzeitig etablierte sich dadurch ein bürokratischer Daseins- und Wohlfahrtsstaat, der die Eigeninitiative der Bürger stark einschränkt. (Hans Vorländer: Dritter Weg und Kommunitarismus. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ). Bonn 16/17.1966; 19)

Robert N. Bellah sieht demnach zwei Strategien, um dieser Entwicklung – hier in der amerikanischen Gesellschaft – entgegenzuwirken. Zum einen sollen alte Gemeinschaftsformen revitalisiert werden. Um dies zu erreichen, will er auf Traditionen, Gewohnheiten und religiöse und bürgerliche Gemeinschaften zurückgreifen. Er argumentiert, dass diese so genannten „social habits“ das gemeinschaftliche Handeln in den USA lange Zeit geprägt haben. (Ebd.)

Zum Zweiten geht es Bellah um die Schaffung neuer Gemeinschaftsformen. So vertritt Bellah die Meinung, wenn alte Gemeinschaftsformen zerstört wurden und nicht wiederbelebt werden können, müssen neue Gemeinschaftsformen geschaffen werden. Aus nachbarschaftlichen Strukturen und zwischenmenschlichen Freundschaften sollen neue Gemeinschaftsstrukturen entstehen. Das angestrebte Ziel Bellahs ist die Wiederherstellung einer „guten Gesellschaft“. In dieser „guten Gesellschaft“ halten sich Individualismus und Gemeinschaftssinn die Waage.

Den Ansichten Bellahs ähnlich ist jene philosophische Spielart des amerikanischen Kommunitarismus, welche „vor allem die vermeintlich atomisierte Schlagseite des Individualismusbegriffs kritisiert“. Sie argumentierte, dass sich das „moderne liberale Selbst nur in einem gesellschaftlichen Zusammenhang entwickeln kann“. (Ebd.) Das „Gute“ vor dem Recht ist demnach ein Leitgedanke der Kommunitaristen. Das „Gute“ beschreibt die gemeinsam geteilten Vorstellungen und Werte einer Gemeinschaft. Weiter wird jede Philosophie kritisiert, die das Individuum als einzigen Träger von Rechten sieht. Die Begründung lautet, „dass Rechte nur in sozialer Praxis ihre Verankerung finden“. (Vorländer 2001, 10)

Den Kommunitaristen geht es vor allem darum, in der Gesellschaft (wieder) ein Gleichgewicht herzustellen. Das Ziel ist eine aktive Gesellschaft von freien und gleichen Bürgern. Soziale Gerechtigkeit und gemeinschaftsbezogene Verantwortung spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Für das Erreichen einer „guten Gesellschaft“ ist die Abkehr vom Etatismus, also die Abkehr vom Dienstleistungs- und Wohlfahrtsstaat, notwendig. Nach Ansicht der Kommunitaristen fördert der Etatismus, dass soziales und wirtschaftliches Engagement abnimmt beziehungsweise abgebaut wird. Weiter fördert das administrativ-bürokratische System den Abbau von mit- und zwischenmenschlichen Tugenden. (Ebd., 20)

Der Kommunitarismus forderte allerdings nicht die Entstaatlichung sämtlicher Bereiche. Ihm geht es vor allem darum, den Bürger anzuhalten, auf alte Traditionen zurückzugreifen. Damit ist zum Beispiel Selbsthilfe gemeint, also die Hilfe von Familie, Nachbarschaft und Gemeinde. Nicht der Staat mit seinem Wohlfahrtsangebot soll helfen, sondern die „Selbstheilungskräfte der vielfältigen Gemeinschaften und Assoziationen der Bürger“. „Was in der Familie getan werden kann, sollte nicht einer intermediären Gruppe übertragen werden. Was auf lokaler Ebene getan werden kann, sollte nicht an den Staat oder die Bundesebene delegiert werden“. (Ebd., 20)

Der Kommunitarismus zielt also auf den Mittelweg oder ein Zwischenglied ab. So sollen zwischen Staat und Individuum Gemeinschaften, Vereinigungen und Assoziationen als Zwischenglied fungieren. Dieses Zwischenglied ist Grundlage für eine aktive Bürgergesellschaft. Das Zwischenglied verbindet soziale und moralische Grundlagen und stellt sie bereit. Der Einzelne bekommt dadurch Rückhalt und ist sozial „abgesichert“.

Ein weiterer Leitgedanke der Kommunitaristen ist, dass jedes Mitglied in einer Gemeinschaft allen in dieser Gemeinschaft etwas schuldet und umgekehrt. So ist es nicht verwunderlich, dass der Kommunitarismus ein Gleichgewicht zwischen individuellen Rechten und sozialen Pflichten propagiert. Soziale Gerechtigkeit ist für die Kommunitaristen eine Tugend und begründet sich durch den einfachen Spruch, „keiner von uns ist eine Insel“. (Ebd., 21)

Der Kommunitarismus will eine Abkehr von der Fixierung, dass der Staat jegliche Hilfe bietet, und will stattdessen Hilfe zur Selbsthilfe und die Selbstorganisation der Bürger untereinander stärken. Dies will der Kommunitarismus mit Hilfe von Erziehung der Bürger in Schulen, Universitäten und Kindergärten erreichen. Abschließend kann man sagen, dass der Kommunitarismus die Vorstellung vermitteln will, „dass ein politisches Gemeinwesen letztlich vom Engagement seiner Bürger für die öffentliche Angelegenheiten getragen wird“. (Ebd.)