Kriterien für ein gerechtes Steuersystem

Wie ich in meinem Weblog schon öfter dargelegt habe, steckt in dem Wort „Steuer“ das Verb „steuern“, das lenken und gestalten bedeutet. Steuern sind daher ein politisches Gestaltungsmittel, um eine Gesellschaft zu lenken und für den Staat die Voraussetzung schlechthin, um seine Aufgaben zu erfüllen. So werden über die Steuereinnahmen etwa öffentliche Einrichtungen finanziert, die Güter und Dienstleistungen gewährleisten, die von den privaten Unternehmen nicht oder nicht im notwendigen Ausmaß abgedeckt werden (z.B. Landesverteidigung, Schulen, Polizei, Gerichtswesen, öffentlicher Verkehr, Müllentsorgung usw.).

Weiters können mittels Steuern für die Allgemeinheit unerwünschte Verhaltensweisen im Rahmen einer freien Marktwirtschaft gelenkt werden (z.B. sollen Ökosteuern dazu anleiten, den Verbrauch fossiler Brennstoffe gering zu halten und vermehrt nachhaltige Energiequellen zu nutzen, die Tabaksteuer soll Raucher über die hohen Kosten zum Überdenken ihres gesundheitsschädlichen Verhaltens bringen).

Durch die Erhöhung oder Senkung von Steuern kann auch ein stabilisierender Einfluss auf das Wirtschaftswachstum ausgeübt werden. Im Falle einer Wirtschaftskrise, wie sie z.B. derzeit (noch immer) vorliegt, kann somit das Wachstum angekurbelt werden, indem durch Steuersenkungen die Kaufkraft der KonsumentInnen erhöht wird, die in Folge der Finanzkrise das letzte Bollwerk gegen den Abschwung darstellt. Welche Bedingungen muss ein Steuersystem daher erfüllen, um gerecht auszufallen?

Kriterien für ein gerechtes Steuersystem

Der wichtigste Effekt einer gelungenen Steuer- (aber natürlich auch Sozial-)politik besteht jedoch in der Transferfunktion, d.h. darin, dass die Einkommensunterschiede geringer werden, indem hohe Einkommen stärkere Abzüge haben und sehr niedrige EinkommensbezieherInnen staatliche Zuwendungen erhalten. D.h. in der Umverteilung des Vermögens innerhalb einer Gesellschaft, wo Einkommen und Vermögen ohne diesen Eingriff sehr ungleich verteilt wären, liegt die Hauptaufgabe der steuerpolitischen Gestaltung, um Solidarität und Gerechtigkeit herzustellen.

Damit ein Steuersystem nun dem Prinzip der Fairness genügt, sollte es folgende Kriterien erfüllen. 1. Die Steuerbelastung erfolgt nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit. D.h. über je mehr Einkommen jemand verfügt, desto höher sollte im Verhältnis die Steuerleistung ausfallen. Erfüllen lässt sich dieses Prinzip durch eine progressive Staffelung der Steuersätze.

2. Die Steuerleistung ist nicht von der gesellschaftlichen Stellung oder dem Bildungsgrad abhängig. D.h. es gibt keine Gesellschaftsgruppen, die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung Privilegien genießen. Außerdem darf ein niedrigeres Bildungsniveau zu keiner Benachteiligung bei den steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten führen. Schließlich darf es auch keine bevorzugten Gruppierungen geben, die über größere Einflussmöglichkeiten auf die Politik verfügen, wodurch sie Vorteile hinsichtlich ihres solidarischen Beitrags zur Finanzierung des Wohlfahrtsstaates erlangen.

3. Die Erträge aus den Steuermaßnahmen werden zur Finanzierung allgemeiner Aufgaben, die der gesamten Bevölkerung zu Gute kommen (ein für jeden leistbares Gesundheitssystem, eine solidarische Altersvorsorge, Sicherheit, Infrastruktur usw.) sowie zum Ausgleich der Benachteiligung jener Personen herangezogen, die im Spiel des konkurrierenden Wettbewerbs schlechte Karten gezogen haben. D.h. aus den Steuermitteln (und den Sozialabgaben) sollte der Staat einerseits ein Sozialversicherungssystem finanzieren, das nach solidarischen Grundsätzen sicherstellt, dass jeder die beste Gesundheitsversorgung erhält, unabhängig von seinem Einkommen, und jeder im Alter nach Beendigung seiner Arbeitstätigkeit seinen Lebensausklang in Würde und ohne Notlage gestalten kann. Weiters sollte der Staat aus seinen Einnahmen jene Institutionen finanzieren können, die für Sicherheit im Inneren und nach Außen sorgen (Polizei, Militär), und den Bau und die Pflege einer guten Infrastruktur (Straßen, Bahn, öffentlicher Verkehr, Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser usw.) bewerkstelligen können, um die gesamte Bevölkerung mit jenen Voraussetzungen zu versorgen, die jedem ein sicheres und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Jenen schließlich, die über kein hinreichendes Einkommen aus selbstständiger oder unselbständiger Arbeit, aus Kapitaleinkünften oder Ähnlichem verfügen, sollte der Staat Zuwendungen zuführen, die diesen ein Leben in Würde und ohne große Not sowie eine Einbindung in die sozialen Beziehungen und die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen ermöglichen.

1 Responses to Kriterien für ein gerechtes Steuersystem

  1. Verena sagt:

    Auch, wenn die Abgabenlast nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit erfolgen soll, sind die Meinungen zu dem jeweils angemessenen Steuersatz bei einem bestimmten Einkommen verschieden. Darin, dass das Steuersystem als solches sehr komplex ist, was beispielsweise die Fertigstellung der eigenen Steuererklärung erschwert, ist sich die Mehrheit jedoch einig. Ein Steuerberater ist somit eine enorme Entlastung für Personen, die sich in verschiedenen steuerlichen Belangen überfordert fühlen.

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