Die unerträgliche Langeweile der Politik: Maria Fekters erste Budgetrede

21. Oktober 2011

Finanzministerin Maria Fekter hat am 17. Oktober 2011 im Parlament ihre erste Budgetrede gehalten. 92 Minuten lang las die Finanzministerin äußerst holprig und immer wieder fehlerhaft den langatmigen Text ihrer Rede ab. Eines der wenigen Bonmots war die abgelutschte Rede vom: „Budget als in Zahlen gegossener Politik“. Den Koalitionspartner SPÖ wusste sie gekonnt mit der Ankündigung der Wiedereinführung von Studiengebühren vor den Kopf zu stoßen.

Inhaltlich waren ihre Ausführungen jedoch wenig spektakulär. Wie zu erwarten war, ist das geplante Budget von einer schrittweisen Reduktion des Budgetdefizits geprägt. 2012 soll die Neuverschuldung bundesweit 3,2 % betragen. Bis 2015 soll das Defizit auf 2% gedrückt werden. Die Gemeinden sollen dabei ab sofort überhaupt ausgeglichen budgetieren. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Konjunkturmotor nicht noch stärker ins Stottern gerät und keine unvorhergesehenen Ausgaben für eine neue Bankenrettung notwendig werden.

Die Ausgaben der einzelnen Ressorts werden im veranschlagten Budget mit Ausnahme des Lebensministeriums (das sogar weniger Geld erhält) nur leicht erhöht, sodass mit den zu erwarteten höheren Steuereinnahmen sich eine niedrigere Schuldenquote als in den letzten Jahren ergibt. Den Universitäten hat Fekter eine Unimilliarde zugesagt – allerdings nur in Schilling! Die Ausgaben für die Forschung werden weiter erhöht, von 2 % des BIP ist Österreich aber nach wie vor deutlich entfernt. Als größten Posten hat die Finanzministerien die Ausgaben für die Pensionen besonders hervorgehoben und deshalb die Notwendigkeit einer Reform, die zu einer deutlichen Erhöhung des realen Antrittsalters führt, betont. Details zu einer solchen Reformierung waren der Rede aber noch nicht zu entnehmen. Es ist jedoch zu befürchten, dass 2013 von der ÖVP ein neuer Angriff auf die unser Pensionssystem erfolgen wird. Die Gewerkschaft sollte also schon jetzt gewarnt sein, dass mit Verweis auf die höhere Lebenserwartung und das niedrige reale Pensionsantrittsalter weitere Kürzungen zu erwarten sind.

Von den anderen Ressorts gibt es hingegen nichts Berichtenswertes zu erzählen, da hier das business as usual fortgeführt wird.

Weder auf der Einnahmen- noch auf der Ausgabenseite hat Fekter also für 2012 Reformen angekündigt. Weder soll durch eine Verwaltungsreform, die diesen Namen verdient  in stärkerem Ausmaße Ausgaben eingespart werden, noch hat sie neue Einnahmequellen auf steuerlicher Seite angekündigt, um Spielräume zur Budgetreduktion und für dringend notwendige Ausgaben im Sozial- und Gesundheitsbereich zu schaffen.

Allerdings hat sie in bewährter Manier die hohe Abgabenquote und das Leid des Mittelstandes unter der Steuerlast beklagt, da 38 % der Bevölkerung (jene die zwischen 25.000 und 100.000 Euro im Jahr verdienen) 75 % der Einkommensteuerzahlung schulterten – während 2,6 Millionen gar keine Einkommensteuer zahlten.

Wie üblich hat Fekter dabei erstens die Mittelschicht (das wäre die korrekte Bezeichnung) in der Einkommensverteilung völlig asymmetrisch angesetzt, da der von ihr angesprochene Einkommensbereich deutlich nach rechts verschoben ist und daher nicht in der Mitte liegt.  Zweitens werden durch diese Gegenüberstellung die Sozialversicherungsleistung und die Verbrauchssteuern außer Acht gelassen, die überwiegend von den unteren und mittleren Einkommen geleistet werden und eine ganz wesentlichen Beitrag der ArbeitnehmerInnen zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben darstellen.

Somit ist Ministerin Fekter zwar darin recht zu geben, dass unser Steuersystem Reformbedarf hat. Aber diese Reform sollte den Faktor Arbeit insofern entlasten, als den unteren und mittleren Einkommen mehr netto bleibt, den Spitzenverdienern ein höherer Beitrag abverlangt wird und von den Vermögen eine solidarische Leistung zur Erhaltung unserer Systems einer fairen und gerechten Lasten- und Leistungsverteilung gefordert wird. Denn davon profitieren wir alle, da damit ein Wohlstand auf breiter Basis sichergestellt wird, der ein solides und nachhaltiges Wachstum möglich macht. Wessen wir jedoch nicht bedürfen, das ist eine weitere Entlastung der Spitzenverdiener und Vermögenden, da dies nur die Schere zwischen Arm und Reich weiter vergrößert und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hemmt sowie den sozialen Zusammenhalt gefährdet.


Fekters neuerste Pläne zur Entlastung der Vermögenden

15. September 2011

Maria FekterFinanzministerin Maria Fekter hat mit ihrem neuesten Plan für eine Steuerreform aufhorchen lassen. Die obersten Einkommen sollen entlastet werden, indem die Grenze, ab dem der Höchststeuersatz von 50% fällig wird, von derzeit 60.000 Euro hinaufgesetzt wird. Konkrete Zahlen für die neue Grenze hat sie nicht genannt. Jedoch soll, wie so oft bei der ÖVP, dadurch der Mittelstand entlastet werden.

Staatssekretät Andreas Schieder (SPÖ) hat mit Recht darauf hingewiesen, dass von einer solchen Maßnahme lediglich 3% der Einkommen profitieren würden, nämlich jene die mehr als 5700 Euro brutto im Monat verdienen. Von Entlastung des Mittelstands kann also keine Rede sein. Vielmehr würde eine solche Maßnahme nur den Spitzenverdienern zu gute kommen, die ohnehin von der Begünstigung der Sonderzahlungen (durch die die Höchsteinkommen höchstens 43% Einkommensteuer zahlen) und von der Höchstbemessungsgrundlage in der Sozialversicherung profitieren. Sieht man sich nämlich die Gesamtabgabenbelastung in Österreich an (Einkommensteuer, Sozialversichrung, Verbrauchssteuern), dann ergibt sich eine sehr flache Steigerung, d.h. wir haben ohnehin ein Art Flex Tax, sodass das Stöhnen der Spitzenverdiener in Österreich unbegründet ist. Unerfeulich hoch belastet ist jedoch der wahre Mittelstand, da mit hohem Eingangssteuersatz und proportionalem Sozialversicherungsbeitrag die Gesamtbelastung schon bei einem relativ geringen Einkommen die 40% Grenze überschreitet.

Einmal mehr zeigt sich also, dass die Volkspartei sich in „Lobbyingorganisation zur Förderung der Interessen der Reichen und Spitzenverdiener“ umbennen sollte. Dann hat es ein Ende mit dem unverschämten  Einspannen des Mittelstand für die Interessen der Vermögenden, das diese Partei ununterbrochen zur Schau stellt, wenn sie die Interessen der Vermögenden und Spitzenverdiener vertritt.


Fekters Pläne für einen integrierten Steuertarif

4. August 2011

Im Kurier vom 1. August 2011 werden Fekters Pläne zur Vereinfachung der Einkommensteuer vorgestellt. Die Finanzministerin möchte Sozialversicherungsbeitrag und Einkommensteuer in einem Tarif integrieren und einen einheitlichen Steuersatz einheben, also eine Art „Flat Tax“ einführen. Der Steuerberater Karl Bruckner hat dazu ein Modell ausgearbeitet, das wie folgt aussieht: Die ersten 10.000 Euro Jahreseinkommen gehen brutto für netto ins Börsel; von jedem zusätzlichen Euro gehen 44 Cent an den Staat (für Sozialversicherung und für Einkommenssteuer). Es gibt nur mehr diesen einen Tarif und auch keine Höchstbeitragsgrundlage für die Sozialversicherung mehr.

Bruckner und der Wirtschaftstreuhänder Klaus Hübner sehen als großen Vorteil dieses Modells, dass die Berechnung des Nettolohns stark vereinfacht wird, was die Lohnverrechnung entlasten und auch  dem Steuerpflichtigen das Nachvollziehen erleichtern würde.

Bezieher von niedrigen Einkommen sollen vom hohen Freibetrag profitieren, da sie im derzeitigen System zwar bis zu einer Bemessungsgrundlage von 11.000 Euro einkommensteuerbefreit sind, aber ab der Geringfügigkeitsgrenze von 374 Euro im Monat ca. 18 % an Sozialversicherung abzuführen haben. Bei einem Monatsverdienst von 500 Euro wäre das ein Mehr im Börsel von mehr als 1.000 Euro im Jahr. Weiters würden Einkommensbezieher mit einem Bruttoverdienst zwischen 3.500 und 5.000 Euro monatlich ebenfalls davon profitieren, da ihnen bis zu 1.000 Euro jährlich mehr nette bleibt. Verlieren hingegen würden die Bezieher von hohen Einkommen ab 6.000 Euro monatlich, da sie den Vorteil der Höchstbemessungsgrundlage verlieren und daher im Brucknermodell übers Jahr weniger netto haben als im derzeitigen System (ca. 350 Euro).

Allerdings würden, wie Bruckner zugibt, die Gesamteinnahmen des Staates um einige Milliarden geringer ausfallen. Bruckner glaubt jedoch, dass durch Einsparungen in der Verwaltung etwas zu holen wäre. Bruckner glaubt sogar, dass sich der Staat bis zu 4500 Finanzbeamte ersparen könnte, weil das System stark vereinfacht wäre. Das brächte laut seiner Schätzung 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr fürs Budget.

Wie ist dieses Modell aus der Perspektive von Steuergerechtigkeit und sozialer Ausgewogenheit zu beurteilen? Nun, eine endgültige Beurteilung ist noch nicht möglich, da viele Fragen offen bleiben. Wie sieht es zum Beispiel der Sozialversicherung jener Personen aus, die weniger als 10.000 Euro im Jahr verdienen? Laut Bruckner-Modell haben sie keine Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Diese sind jedoch bisher die Voraussetzung dafür, Leistungen aus der Sozialversicherung zu beziehen. Ist diese Gruppe trotzdem versichert, oder muss sie sich für hohe Beiträge selbst versichern?

Apropos Sozialversicherung: Es bleibt vollkommen offen, wie die Einnahmen des integrierten Tarifs auf Sozialversicherung und Finanz aufgeteilt werden. Da die Träger der Sozialversicherung ohnehin unter fehlenden Einnahmen leiden, darf eine solche Reform jedenfalls nicht dazu führen, dass die Einnahmen dieser Institutionen geschmälert werden.

Hinsichtlich Steuergerechtigkeit ist das Prinzip der Leistungsfähigkeit allgemein anerkannt. D.h. es besteht der Konsens, dass derjenige, der höheres Einkommen hat, höhere Abgaben leisten soll. Dies wird üblicherweise durch einen progressiven Tarif bewirkt. Das Bruckner-Modell hingegen ist eine Flat Tax mit einem ausgeprägten Freibetrag. Dies führt zwar effektiv ebenfalls zu einer progressiven Wirkung (siehe nachfolgende Tabelle, die zeigt, dass kaum Unterschiede bestehen, wenn man Einkommensteuer und SV-Beitrag zusammennimmt), aber es ist diskussionswürdig, ob damit dem Leistungsfähigkeitsprinzip hinreichend Genüge getan wird. Freilich hat dieses Modell den Vorteil, dass die regressive Wirkung der Höchstbeitragsgrundlage in der Sozialversicherung wegfällt. Somit ist dieser Tarif also auch nicht vorschnell abzulehnen.

Die Einsparungserwartungen Bruckners aufgrund der Vereinfachung der Berechnung sind sicherlich völlig illusorisch, solange ein kompliziertes System von Frei- und Absetzbeträgen in der Einkommensteuer vorliegt. Ob beim integrierten Tarif (bis auf dem allgemeinen Freibetrag von 10.000 Euro) völlig darauf verzichtet wird, das bleibt unklar. Wenn dies so sein sollte, dann ist zu bedenken zu geben, dass hinter den Frei- und Absetzbeträgen vom Gesetzgeber gewollte Begünstigungen stecken (z.B. Alleinverdienerabsetzbetrag, Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Mehrkindzuschlag, Pendlerpauschale), die aus sozialpolitischen Gesichtspunkten nicht einfach wegen einer Vereinfachung der Berechnung aufgegeben werden sollten. Aber selbst wenn die Vereinfachung so radikal erfolgen sollte, ist nicht realistisch, dass 4500 FinanzbeamtInnen eingespart werden können und die Ersparnis das behauptete Ausmaß erreichen kann.

Tabelle_Bruckner-Steuermodell