Die große Chance für die SPÖ in der aktuellen Situation: ein gerechtes Steuersystem

15. Mai 2010

Die SPÖ befindet sich im Vorfeld des Bundesparteitages im Juni 2010 in einer sehr schwierigen Situation. Es liegt eine Reihe von sehr mäßigen Wahlerfolgen auf europäischer und auf Landesebene hinter ihr. Daran ändert auch der Erfolg der Wiederwahl von Bundespräsident Heinz Fischer nichts, da er angesichts einer Gegnerschaft erzielt wurde, die schon von vorneherein nicht mehrheitsfähig war. Und nach den Wahlen in Burgenland Ende Mai stehen mit Steiermark und Wien zwei besonders wichtige Wahlentscheidungen im Herbst bevor, die nicht verloren werden dürfen. Dazu kommt, dass die SPÖ in der Koalition mit der ÖVP auf Bundesebene seit Beginn den Eindruck nicht zerstreuen kann, sie könne sich mit ihren Forderungen kaum durchsetzen und müsse ständig dem Koalitionspartner allzu große Zugeständnisse einräumen. Vor allem aber steht der SPÖ im Schatten der schwersten Wirtschaftskrise seit mehr als 70 Jahren mit der Herausforderung einer Budgetkonsolidierung, die nicht zu Lasten der Mehrheit der Werktätigen gehen darf und die nicht die noch immer schwächelnde Konjunktur abwürgen darf, eine fast unlösbare Aufgabe bevor. Die Situation ist schwierig, aber nicht hoffnungslos.

Die österreichische Sozialdemokratie kann alle diese Herausforderungen mit Bravour meistern. Dazu muss sie jedoch sofort entschlossen handeln und den Kurs der letzten 25 Jahre radikal ändern. Denn seit vielen Jahren ist die SPÖ zunehmend von ihren Wurzeln entfremdet. Um nämlich den Eindruck staatspolitischer Verantwortlichkeit zu erwecken und um grundsätzlich für alle Wählergruppen wählbar zu sein, hat die SPÖ darauf verzichtet, sich als jene Partei zu präsentieren, die die Interessen der ArbeitnehmerInnen vertritt. Das mag auf den ersten Blick klug erscheinen, da damit die Zahl der potentiellen Wähler sich erhöht hat. Wenn nicht nur die unselbstständig Erwerbstätigen als Wähler in Frage kommen, sondern auch Selbstständige, Unternehmer, Beamte und Bauern, dann werden scheinbar alle Wahlberechtigten in Österreich angesprochen. Doch tatsächlich war die Folge dieser Strategie, dass sich die Kernschichten der Sozialdemokratie, nämlich die ArbeitnehmerInnen mit kleinen und mittleren Einkommen immer weniger davon überzeugen ließen, dass die SPÖ ihre Interessen vertritt und deshalb zu wählen sei.
Der einzige Ausweg, den ich für die SPÖ in dieser verzwickten Situation sehe, ist daher die mutige Rückkehr zu ihren Wurzeln. Die Sozialdemokratie muss wieder den Werktätigen in diesem Land überzeugend vermitteln, dass sie ihre – und nur ihre – Interessen vertritt. Wenn ihr das gelingt, dann braucht die SPÖ auch keine Angst vor den nächsten Wahlentscheidungen haben. Denn die große Mehrheit der Wahlberechtigten ist unselbstständig erwerbstätig bzw. beziehen eine kleine oder mittlere ASVG-Pension. Das Wählerpotential für die SPÖ beträgt an die 4,5 Millionen Menschen! Also selbst wenn sich am Ende nur 80% dieses Potentials am Wahltag ausschöpfen lassen, ergibt das immer noch eine klare absolute Mehrheit für die Sozialdemokratie.
Wenn die SPÖ also endlich die Entschlossenheit aufbringt, die Interessen der Werktätigen in der Regierung, im Parlament und in den öffentlichen Auftritten ihrer Repräsentanten kompromisslos zu vertreten, dann hat sie keine Wahlen zu fürchten und sie kann das Joch einer sie lähmenden Koalition mit der ÖVP abschütteln, um die Freiräume der politischen Gestaltungsmöglichkeiten auf Grundlage einer absoluten parlamentarischen Mehrheit auszukosten.
Dazu muss sie nur eines tun: Unverrückbar darauf beharren, dass zur Budgetsanierung und zur langfristigen Sicherung unseres Sozial- und Bildungssystems sowie zur Entlastung des Faktors Arbeit auch jene Teile unserer Gesellschaft heranzuziehen sind, die die Krise (mit)verursacht haben bzw. seit vielen Jahren keinen angemessenen Beitrag zur Finanzierung einer solidarischen und gerechten Gesellschaft beitragen: die Vermögenden durch eine Vermögenssteuer mit hohen Freibeträgen und durch eine Kapitalertragsteuer, die Stiftungen und Börsengewinne nicht in ungerechter Weise privilegiert; die durch den Staat vor dem Zusammenbruch geretteten Banken durch eine Bankenabgabe; die großen Unternehmen durch die Leistung einer angemessenen Körperschaftsteuer, die den europaweiten Steuerwettbewerb ein Ende macht und nicht durch die Gruppenbesteuerung marginalisiert wird; die durch Deregulation aus dem Lot geratenen Finanzmärkte durch eine europaweite Finanztransaktionssteuer bzw. im Falle eines Scheiterns derselben durch eine lokale Börsenumsatzsteuer.


Auf der Suche nach den Superreichen – Hilfestellung für Finanzminister Josef Pröll

25. April 2010

Finanzminister Josef Pröll hat in der Parlamentsdebatte am Donnerstag, dem 22. April, erklärt, es gäbe nicht genug Superreiche in Österreich, die man zur Sanierung des österreichischen Budgetdefizits zur Kasse bitten könne. Deshalb müssten alle ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten.

Nun, dem Finanzminister kann dabei geholfen werden, jene Personen ausfindig zu machen, die sich über eine Vermögenssteuer einen maßgeblichen Beitrag zur Sanierung des Budgets leisten können. Nehmen wir nicht gleich die oberen 10.000 her, die Josef Cap unmittelbar eingefallen sind. Beschränken wir uns lediglich auf die 50 reichsten ÖsterreicherInnen (bzw. die reichsten Familien) laut der Aufstellung von Trend im Juli 2009. Diese Gruppe macht weniger als ein Promille der Bevölkerung aus. Aber so kommen wir auf ein Vermögen von ca. 78,25 Milliarden Euro. Allein wenn nur dieser ganz kleine Teil der Bevölkerung eine Vermögenssteuer von 1,5 Prozent zahlt, wäre dadurch der Staatssäckel mit zusätzlichen ca. 1,17 Milliarden Euro gefüllt.

Nehmen wir die nächsten 50 reichsten Österreicher noch dazu, kommen wir auf ein Gesamtvermögen von 92 Milliarden Euro. Dadurch wäre ein zusätzliche Steuereinnahmen von 1,38 Milliarden Euro durch eine Vermögenssteuer von 1,5 Prozent möglich. Wenn wir schließlich einen Schritt weiter gehen als Josef Cap und nicht nur die reichsten Zehntausend, sondern gar das reichste EIN Prozent der ÖsterreicherInnen hernehmen, das sind ca. 83.000 Personen, dann kommen wir auf ca. 320 Milliarden Euro Vermögen. Das sind mehr als ein Drittel des gesamten Vermögens der ÖsterreicherInnen.

Wenn diese Gruppe der zwar nicht unbedingt Superreichen, aber doch sehr Vermögenden eine durchschnittliche Vermögenssteuer von 0,75 Prozent leistet, erhöhen sich die Einnahmen des Staatshaushaltes um 2,4 Milliarden Euro. Und damit wäre zur Bekämpfung des Budgetdefizits ein sehr deutlicher Beitrag geleistet.

Ich denke, dass ich damit dem Finanzminister geholfen habe, jene Superreichen zu finden, die sich einen ordentlichen Beitrag zu Budgetsanierung leisten können!


Wen soll eine Vermögenssteuer treffen? – Teil 2

11. April 2010

Da meine Ausführungen zur Sinnhaftigkeit einer Vermögenssteuer aufgezeigt an den 5 reichsten ÖsterreicherInnen (bzw. deren Familien) große Zustimmung gefunden haben, möchte ich diese Überlegungen an dieser Stelle mit weiteren Beispielen fortsetzen.

Karl Wlaschek und Familie:

Geschätzes Vermögen: mehr als 3 Milliarden Euro. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Wlaschek unter dem Pseudonym „Charly Walker“ als Pianist und Bandleader tätig. 1953 eröffnete Karl Wlaschek in Wien Margareten eine Parfümerie und bot Markenartikel zu Diskontpreisen an. In der Folge wuchs die WKW (Warenhandel Karl Wlaschek) rasant und umfasste 1960 bereits 45 Filialen. Wlaschek übertrug das Konzept auf den Lebensmittelbereich, führte das Selbstbedienungssystem ein und nannte seine Filialen ab 1961 BILLA (für „Billiger Laden“).

In den 1990er Jahren erfolgte die Expansion der Kette ins Ausland. Im Jahr 1996 verkaufte Wlaschek schließlich für 1,1 Milliarden Euro die Billa-Kette an die deutsche Rewe-Gruppe. Seither ist er vorwiegend in der Immobilienbranche tätig.

Nachdem es ihm nicht gelang, bei der Privatisierung der Creditanstalt (der damals zweitgrößten Bank Österreichs) zum Zug zu kommen, begann Wlaschek sein Vermögen in Immobilien anzulegen und dürfte mittlerweile der größte private „Hausherr“ des Landes sein. Sein Immobilienbesitz wird in Privatstiftungen mit klingenden Namen wie Amisola, Estrella und Ermione verwaltet. Ihm gehören acht Palais in der Wiener Innenstadt (darunter Kinsky, Ferstel, Harrach), aber auch die Bürotürme Andromeda-Tower und Ares-Tower (beide sind Teil der Donau City), das Gebäude der Wiener Börse sowie zahlreiche Innenstadthäuser – in Summe weit über 100 Objekte in ganz Österreich.

Der Selfmademilliardär Wlaschek soll nicht nur über eine Vermögenssteuer einen angemessenen Beitrag für die österreichischen Staatsfinanzen leisten, damit die durch die Vielzahl der Teilzeitkräfte, die oft sogar nur geringfügig beschäftigt sind,  in seiner ehemaligen Handelskette die verminderten Einnahmen des österreichischen Sozialsystems ausgeglichen werden können. Er soll auch nicht länger vom österreichischen Stiftungsrecht profitieren, das es ihm im Unterschied zum normalen Sparer ermöglicht, dass seine Kapitalerträge aus dem riesigen Immobilienbesitz nur mit der halben KESt besteuert werden.

Heidi Horten:

Geschätzes Vermögen: 2,7 Milliarden Euro. Wenn eine gut aussehende, junge und dazu noch blonde Frau an einer Hotelbar sitzt, kann es durchaus passieren, dass sie von dem ein oder anderen Herrn angesprochen wird. Von einem Reisenden vielleicht, der zwischen Ankunft und Abfahrt etwas Zerstreuung sucht, oder einem Geschäftsmann, der – unterwegs nach Hause – kurz einkehrt, um den gröbsten Ärger des Tages mit ein paar Gläsern Scotch hinunterzuspülen. Im Fall von Heidi Jelinek war es Helmut Horten, mit dem sie in einer Hotelbar in Velden am Wörthersee ins Gespräch kam. Wie sich diese Begegnung genau zugetragen hat, ist allgemein nicht bekannt, fest steht aber, dass die Wienerin zu diesem Zeitpunkt jung (etwa 19 Jahre alt) und schön und Helmut Horten rund 30 Jahre älter und reich war. 1966 heirateten sie, und aus Heidi Jelinek wurde Heidi Horten, eine der reichsten Frauen der Bundesrepublik Deutschland.

Denn Helmut Horten, Jahrgang 1909 und gebürtiger Bonner, baute im Laufe seines Lebens den gleichnamigen Kaufhaus-Konzern auf. Während des Kriegs war Helmut Horten „Reichsverteiler für Textilien“. Seine engen Kontakte zum Nazi-Regime brachten ihn 1947/48 für 17 Monate ins Internierungslager Recklinghausen. Kaum wieder auf freiem Fuß, nahm er seine Geschäfte erneut auf. Nach dem Weltkrieg entwickelte sich die Horten-Kette zum viertgrößten Warenhauskonzern in der Bundesrepublik hinter Karstadt, Hertie und Kaufhof. Aber anders als bei der Konkurrenz gehörte die Kette nur einem Einzelnen – Helmut Horten. Im November 1987 starb Horten und vermachte seiner Ehefrau Heidi sein gesamtes Vermögen. Heidi Horton kehrte mit ihrem ererbten Vermögen im Gepäck nach Wien und an den Wörthersee zurück.

Die reichste Witwe des Landes soll über eine Vermögenssteuer den öffentlichen Haushalt bereichern, damit Geld für Sozialleistungen an jene jungen Frauen zur Verfügung steht, die nicht das Glück haben, einen vermögenden Mann an einer Bar kennenzulernen, sodass sie sich und ihre Kinder mit prekären Arbeitsverhältnissen mehr schlecht als recht über Wasser halten müssen.

Der Swarovski-Clan:

Geschätztes Vermögen: 2,2 Milliarden Euro. Die Erben des böhmischen Zuwanderers Daniel Swarovski prägen seit Jahrzehnten die wirtschaftliche Entwicklung in Tirol und hinter den Kulissen auch die High Society. Wattens. Der Name hat Glanz. Und das hat angesichts einer turbulenten Familien- und Unternehmensgeschichte nicht nur mit den erzeugten Glaskristallen zu tun. Der heute 200 Familienmitglieder zählende Swarovski-Clan hat in den vergangenen Jahrzehnten die wirtschaftliche Entwicklung und das gesellschaftliche Leben Tirols geprägt. Die Swarovskis entsprechen am ehesten dem Bild eines echten „Industrieadels“. Beinahe jedes Ereignis rund um den Namen Swarovski wird zum High Society-Ereignis und macht Schlagzeilen. Begonnen hat alles 1885, als der böhmische Glasschleifer Daniel Swarovski nach Wattens zog, weil es dort genug Wasser und wenig Konkurrenz für seine selbst erfundene, revolutionäre Schleifmaschine gab. 1919 gründete er die Schleifmitteltochter Tyrolit. Die drei Söhne Wilhelm, Fritz und Alfred erbten das Unternehmen zu gleichen Teilen und bauten es weiter aus. Wilhelm entwickelte zudem das erste Fernglas und legte damit den Grundstein für die dritte Firma der Gruppe. Nach dem Ölpreisschock kam 1973/74 die grosse Krise. Die Nachfrage nach Schmucksteinen und Kristalllustern brach weltweit zusammen, der Umsatz sank um 40 Prozent, und der Konzern stand vor dem Abgrund. In der Folge zogen sich die Seniorchefs Daniel jun. und Manfred aus dem Tagesgeschäft zurück und überliessen der vierten Generation das Kommando. Gernot Langes-Swarovski übernahm Marketing und Verkauf, Christian Schwemberger die Finanzen, Helmut Swarovski die Produktion und Gerhard Swarovski das Controlling. Die Jungen entließen fast die Hälfte der 2700 Mitarbeiter, um nach der Sanierung weit mehr wieder einzustellen. Anfang der 90er-Jahre rutschte der Konzern auch in der vierten Generation in die Krise. Der mit Jubel übernommene amerikanische Glas-Kristall-Konzern Zale rutschte nach wenigen Jahren in Konkurs, die Swarovskis verloren Milliarden. Die fünfte Generation scharrt schon in den Startlöchern: Dazu gehören etwa der New Yorker Industriedesigner Daniel Swarovski, die Brüder Christoph und Paul Gerin, die zuletzt Kaufinteresse für die Wiener Porzellanmanufaktur Augarten bekundeten, oder Nadja Swarovski, die in New York das Creative Service Center führt. Und dann gibt dann noch die Frau von Exfinanzminister Karl-HeinzGrasser: Fiona Swarovski (die den Namen Swarovski angeblich nicht zu recht führt). Angesicht der beginnenden Weltwirtschaftskrise hatte sie im Herbst 2009 folgenden Ratschlag für die von der Krise Betroffenen parat: „Sollen die Leute halt ihren Salat und ihre Tomaten auf ihren Terrassen, sofern sie welche haben, selber anbauen.“

Der Swarovski-Clan soll über eine angemessene Vermögenssteuer die öffentlichen Kassen füllen, damit in der Arbeitslosenversicherung genügend Reserven sind, wenn in der Unternehmensgruppe nach strategischen Fehlern wieder ein massiver Abbau von Arbeitskräften am Programm steht – sodass sich die Betroffenen die Terrasse leisten können, auf der sie ihr eigenes Gemüse anbauen.

Emil Alexander, Patricia und Marie-Rose Kahane:

Die Erben des Unternehmensimperiums von Karl Kahane haben ein geschätztes Vermögen von 1,9 Milliarden Euro. Geheimnisumwittert, öffentlichkeitsscheu und diskret. Seit einem halben Jahrhundert sind das die Attribute der altehrwürdigen Industriellenfamilie Kahane. Auch in der legendären Männerfreundschaft zwischen dem früheren Bundeskanzler Bruno Kreisky und dem Firmenpatriarchen Karl Kahane waren die Rollen exakt verteilt: Während Kreisky mit seiner Vermittlertätigkeit zwischen Israelis und Palästinensern international Schlagzeilen machte, blieb sein kongenialer Partner Kahane stets im Hintergrund. Obwohl er damals Österreichs Außenpolitik maßgeblich mitbeeinflusste, wollte er selbst nie im Scheinwerferlicht stehen.

An dieser Tradition änderte sich auch nach Karl Kahanes Tod im Juni 1993 nichts. Seine drei Kinder – Patricia, Emil Alexander (der als Überlebender eines Flugzeugabsturzes in der Schweiz Schlagzeilen machte) und Marie-Rose – traten nie an die Öffentlichkeit. Gesichert ist nur: Das Bankhaus Gutmann und Jungbunzlauer sind die letzten Überbleibsel eines Firmenimperiums, das früher Industriebetriebe wie Donau-Chemie, Terranova oder die Veitscher Magnesitwerke umfasste. Die Verkaufserlöse der anderen Unternehmen, die Millionendividenden und die Beteiligungswerte machten die Kahanes jedenfalls zu einer der reichsten und mächtigsten Dynastien des Landes.

Auf der anderen Seite ist Patricia Kahane auch die Vorsitzende der Karl Kahane Stiftung, gegründet im Jahre 1991 vom Unternehmer und Namensgeber. Das Stiftungsvermögen beträgt 2010 zwei Millionen Euro. Die Stiftung ist eine unabhängige, privat gesponserte und unpolitische Wohltätigkeitsorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, verschiedenste friedenspolitisch-motivierte bzw. karitativ tätige Projekte finanziell und moralisch zu unterstützen. Sitz der Stiftung ist Celerina (Schweiz). Die Karl Kahane Stiftung kooperiert mit diversen säkularen und religiösen Organisationen, seien sie jüdischer, christlicher oder muslimischer Tradition verpflichtet, und unterstützt nicht gewinnstrebende Organisationen kultureller oder künstlerischer Zielsetzung, fördert Kulturschaffende durch Ausrichtung von Preisen und Förderungsbeiträgen und unterstützt Projekte auf dem Gebiet des interkulturellen Austauschs bzw. der Wissensvermittlung über friedenspolitische Thematiken. Beispiele für von der Karl Kahane Stiftung unterstützte Projekte sind das jährlich veranstaltete Peacecamp, diverse Vorlesungen des Bruno Kreisky Forums oder die Initiative „Hand in Hand“, ein Zentrum für die Förderung gemischt israelisch-palästinensischer Schulen in Israel. Des Weiteren stellt die Karl Kahane Stiftung Stipendien zur Facharztausbildung für palästinensische Ärzte bereit, die es jungen Ärzten ermöglicht, sich in Forschung, Praxis und Lehre an den israelischen Hadassah-Spitälern zu spezialisieren.

Trotz ihrer vorbildlichen Wohltätigkeiten soll die Familie Kahane auch über eine Vermögenssteuer zur Kasse gebeten werden, damit den Flüchtlingen aus Palästina und anderen Krisenregionen der Welt in Österreich eine menschenwürdige Betreuung und die notwendige Unterstützung für einen Neuanfang in Freiheit und abseits des täglichen Schreckens zur Verfügung steht.

Frank Stronach:

Geschätztes Vermögen: 1,8 Milliarden Euro. Der aus Weiz stammende Frank Stronach lernte den Beruf des Werkzeugmachers und wanderte 1954 mit nur 200 Dollar in der Tasche per Schiff nach Kanada aus. Er baute – allein beginnend in einer gemieteten Garage – die Magna International Inc., eines der größten Unternehmen der Autozulieferindustrie Nordamerikas, auf. Heute ist Magna International Inc. mit Hauptsitz in Aurora, Ontario/Kanada, ein führender, global tätiger Zulieferer von technisch hoch entwickelten Automobilsystemen, Modulen und Komponenten mit über 20 Milliarden Dollar Umsatz und mehr als 80.000 Mitarbeitern.

1986 entstand die Magna Europa. Ihre Zentrale, die Magna Holding AG, befindet sich in Oberwaltersdorf (Niederösterreich), etwa 25 km südlich von Wien. Mit seiner Rückkehr nach Österreich erregte Stronach großes Aufsehen in den Medien und in der Öffentlichkeit. 1989 plante er, in Ebreichsdorf einen Vergnügungspark zu errichten, dessen Hauptattraktion eine Weltkugel mit einem Durchmesser von 200 m hätte sein sollen. Das Projekt scheiterte jedoch. 1998 übernahm er mit seinem Unternehmen die Steyr Daimler Puch AG. Ein Kauf des Staatsanteils an der Voest Alpine Stahl AG durch Stronachs Magna scheiterte im Jahr 2003 nach öffentlichen Protesten. Am 4. April 2004 wurde in Ebreichsdorf ein Freizeitzentrum und die Pferde-Rennbahn Magna Racino eröffnet. Neben dem Pferdesport engagiert sich Stronach im Fußball. So unterstützte er jahrelang vor allem Austria Wien finanziell, aber auch andere österreichische Vereine sind mit Stronach verbunden. Stronach gründete 2000 in Hollabrunn die Frank-Stronach-Fußballakademie zur Ausbildung von Nachwuchsfußballern und amtierte von 1999 bis 2005 als Präsident der österreichischen Fußball-Bundesliga. Zeitgleich mit der Aufgabe seines Präsidentenamtes leitete er im November 2005 nach wiederholten Fanprotesten auch einen Rückzug bei Austria Wien ein; der seit 2000 laufende Betriebsführungsvertrag von Magna mit Austria Wien endete zum 30. Juni 2007 und nach der Saison 2007/08 zog sich Magna auch als Hauptsponsor bei der Austria zurück. Stronach gründete im Frühjahr 2008 seinen eigenen Verein, den FC Magna Wiener Neustadt, welcher die Profilizenz des SC Schwanenstadt übernehmen konnte und ab der Saison 2008/09 in der österreichischen Ersten Liga spielt, und fungiert als dessen Präsident. In diesem Verein sollen Spieler der Fußballakademie den Einstieg in den Profifußball schaffen. Frank Stronach betätigt sich auch als großzügiger Kunst-Mäzen. So finanzierte er den Bau der vier neuen Konzertsäle im Wiener Musikverein.

2009 wollte Magna mit Hilfe von russischen Investoren Opel übernehmen, scheiterte aber daran, dass GM einen Rückzug vom Verkauf machte. Die weltweite Krise der Autobranche erfasste 2009 auch Magna voll: 377 Millionen Euro betrug das Minus im Vorjahr. Der Konzern musste daher seinen Arbeitern Kurzarbeit und Lohnverzicht verordnen. Meist machen diese einschneidenden Maßnahmen vor den dicken Polstertüren der Chefetage halt – nicht so bei Frank Stronach: Nach 30 Millionen Euro 2007 und 8 Millionen Euro 2008 kürzte er sein Einkommen vergangenes Jahr auf 1,4 Millionen Euro. Am Hungertuch nagen muss der Firmenboss aufgrund seines stattlichen Privatvermögens natürlich dennoch nicht.

Obwohl Stronach nicht nur bei seinen Arbeitern, sondern auch bei sich den Sparstift angesetzt hat, soll er über eine Vermögenssteuer kräftig zur Kasse gebeten werden. Denn wenn die Konjunktur in der Autobranche nicht bald anspringt, werden Tausende Arbeitsplätze sowohl bei den Autobauern wie auch bei den Zulieferern verloren gehen. Und für die dann davon betroffenen Menschen heißt das nicht, dass ihre Gagen von 30 auf eine Million sinken, sondern dass sie von der öffentlich finanzierten Arbeitslosenversicherung aufgefangen werden müssen. Stronach kann sich eine solche Abgabe auch ohne Probleme leisten, da Magna im Krisenjahr 2009 immerhin 100 Millionen Euro aufwenden konnte, um den (schließlich gescheiterten) Kauf von Opel strategisch auszuarbeiten.


Wen soll eine Vermögenssteuer treffen?

6. April 2010

Steuermodell der GPA-djp

Gegen die Einführung einer Vermögenssteuer wird von den Ablehnern stets eingewendet, dass diese nur dann ein ein spürbares Mehr an Steuereinnnahmen bringt, wenn davon nicht nur sehr Vermögende, sondern auch das mühsam Zusammengesparte von besser Verdienenden betroffen ist.

Sehen wir uns also im Detail an, wen eine solche Steuer treffen würde. Nehmen wir dazu das modifizierte Steuermodell der GPA-djp. Dieses sieht ursprünglich folgende Regelung vor:

Freibetrag von 500.000 EUR,

Eingangssteuersatz von etwa 0,25%, der sich schrittweise

auf 1,5% bei 2 Mio. EUR Vermögen erhöht.

Mit diesem Modell würde der österreichische Staat Mehreinnahmen von 3,5 Milliarden Euro im Jahr lukrieren! Aber selbst wenn der Freibetrag auf 1,000.000 Euro erhöht wird und der Höchststeuersatz erst bei 2,5 Millionen erreicht wird, hätte das immer noch den Effekt, dass rund 3 Milliarden mehr an Steuern, die nicht über die Erhöhung von Verbrauchssteuern oder Reduzierung von Sozialleistungen eingenommen werden müssten, in den österreichischen Staatssäckel fließen könnten.

Verteilung des Vermögens in Österreich

Wen würde denn eine solche Steuer somit treffen? Wenn wir uns die Vermögensverteilung in Österreich ansehen, dann kommen wir zu folgendem Ergebnis:

das oberste 1% besitzt 34% des Gesamtvermögens,

die reichsten Top 2 – 10% besitzen weitere 35% des Gesamtvermögens,

die restlichen 90% besitzen 32% des Gesamtvermögens,

also besitzen in Österreich die reichsten 10% fast 70% des Gesamtvermögens.

D.h. das Vermögen ist in Österreich sehr stark konzentriert. Eine Minderheit verfügt über den Großteil des Vermögens.

Jener Teil der Bevölkerung, der mehr als zwei Drittel des Vermögens besitzt, verfügt überhaupt über einen Immobilien- uns sonstigen Besitz, der den Wert von 1 Million Euro überschreitet, also von der Vermögenssteuer betroffen wäre. Aber diese 10 Prozent besitzen jedoch mehr als 50 % aller Immobilien in Österreich, wobei die obersten 5 Prozent 23%, die obersten 1 Prozent 16% der Immobilien besitzen! Weiters sieht die durchschnittliche Zusammensetzung des Vermögens (Stand 2002) im obersten 1% folgendermaßen aus:

470.000 € Geldvermögen,

1.100.000 € Immobilien,

3.800.000 € Unternehmensbeteiligung

= 5.4000.000 € Gesamtvermögen.

Es ist dieser Teil der Bevölkerung und nicht der Besserverdienende aus dem Mittelstand, der eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus sein eigen nennt, der mit dieser Steuer getroffen werden soll. Und dieser Teil kann es sich ohne Probleme leisten, einen ordentlichen Beitrag zum Erhalt unseres Sozialstaates zu erbringen.

Die reichsten Österreicher

Schauen wir uns nämlich abschließend einige konkrete Beispiele aus dem Kreis der reichsten Österreicher an, die vom obigen Vermögenssteuermodell betroffen wären.

Die Familie Piech & Porsche:

Geschätztes Vermögen mit Stand Juli 2009: 24,5 Milliarden Euro (alle Angaben zum Vermögen stammen von Trend). Die ca. 60 Personen umfassende Familie, die seit Jahrzehnten bei Porsche das Sagen hat und auch bei VW immer wieder kräftig mitmischt, ist mit Abstand die reichste Familie in Österreich. Ferdinand Piech ist das einflussreichste Mitglied dieser Familie. Bis 2002 war Ferdinand Piëch Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, seitdem ist er Vorsitzender des Aufsichtsrates. Als Vorstandsvorsitzender des Volkswagenkonzerns war er für die Entlassung zahlreicher Angestellter des oberen Managements sowie einer Vielzahl von Vorständen, sowohl bei Volkswagen als auch insbesondere bei Audi, mitverantwortlich. Zu erwähnen ist der Audi-Chef Franz-Josef Kortüm, der 1993 schon nach 13 Monaten verabschiedet wurde, weil Piëch mit den Absatzzahlen nicht zufrieden war. Auch der Nachfolger Herbert Demel musste den Posten nach wiederholten Auseinandersetzungen mit Piëch bald wieder räumen. Darauf folgte Franz-Josef Paefgen. Piëch hatte ihn im Jahre 2001 über ein Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in welchem er den „Stillstand” bei Audi kritisiert hatte, indirekt entlassen. Auch die Diskussion um die Zukunft des VW-Vorstandschefs Bernd Pischetsrieder Anfang 2006, welcher einst von Piëch als dessen Nachfolger aufgebaut wurde, wurde von einer Aussage Piëchs angestoßen. Dieser stellte im Februar 2006 öffentlich die Unterstützung Pitschetsrieders seitens der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat von VW in Frage. Dennoch wurde der Vertrag Pischetsrieders im Mai 2006 verlängert. Das hinderte den Aufsichtsrat allerdings nicht daran, Pischetsrieder zum 31. Dezember 2006 seines Vorstandspostens zu entheben.

Zuletzt sorgte Piechs Agieren in der Hauptversammlung von MAN für Unmut. Die MAN-Aktionäre empfinden Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch zunehmend als Diktator. Er drängt auf eine Kooperation mit Scania. Doch viele Aktionäre des Münchner Konzerns begehren auf. Kleinanleger wie große Fondsgesellschaften kannten beim Eignertreffen in München nur zwei Themen: Schmiergeldaffären und die Reizfigur Piëch, seines Zeichens Schattenherrscher beim MAN-Großaktionär Volkswagen. Der Eroberungsdrang des Piëch-Clans schaffe einen „rüpelhaften“ Umgang mit den anderen 70 Prozent der MAN-Aktionäre, der Autopatriarch lenke MAN wie einen VW-Teil und serviere Kritiker auch in Vorstandsrang nach Gutdünken ab, lauteten die Vorwürfe. VW hält knapp 30 Prozent an MAN und kontrolliert damit faktisch den Konzern. Viele Aktionäre schätzen, dass Piëch auf eine Fusion zwischen MAN und Scania unter dem VW-Dach zielt und er dabei alle Widerstände aus dem Weg räumt. So hätten MAN-Chef Hakan Samuelsson und zwei andere Topmanager jüngst gehen müssen.

Wer sein gigantisches Vermögen, wie Mitglieder aus dieser Familie, nur dafür nützt, um seine Macht stets aufs Neue in den Vorstandsetagen und Aufsichtsräten großer Industrieunternehmen zu demonstrieren, der kann es sich schon leisten, eine Vermögenssteuer in Millionenhöhe zu entrichten, damit der Staat über Kapital verfügt, um die etwaigen sozialen Folgen abzufedern, die das Wirken einer solchen Dynastie auf die Industriearbeitsplätze an den Unternehmensstandorten hat.

Die Flick-Erben:

Geschätztes Vermögen: 5,5 Milliarden Euro. Die Erben des 2007 verstorbenen Friedrich Karl Flick, der wiederum das Erbe seines Vaters steuerschonend nach Österreich transferierte, sind mit ihrem Vermögen die Nummer 2 in Österreich.Vor knapp vier Jahrzehnten starb der greise Schwerindustrielle Friedrich Flick. Er hatte zwei Mal eines der größten deutschen Industrieimperien in Familienbesitz geschaffen, einmal in den Jahrzehnten vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der Nazizeit und dann noch einmal in der Bundesrepublik mit einer Daimler-Benz-Beteiligung als Kernstück. Flick war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband. Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte ihm zu Lebzeiten „ein großes und staunenswertes Lebenswerk“ bescheinigt.

Flick war nicht nur ein genialer Konzernschmied gewesen, sondern auch ein skrupelloser Virtuose der Macht. Mit seinem Geld hatte er politischen Einfluss genommen, wo immer es ihm nützlich erschien. Er war kein Nazi, aber Parteimitglied und hatte in der Hitler-Zeit alle Möglichkeiten genutzt, die die „Arisierung“ jüdischer Betriebe, der Raub ausländischen Eigentums und der Einsatz von Zwangsarbeitern boten. Er war schließlich Hitlers größter Rüstungsfabrikant gewesen. Sein „staunenswertes Lebenswerk“, das er hinterließ und als „industriellen Erbhof“ sah, blieb im Gegensatz zu anderen deutschen Industrievermögen jedoch nicht lange erhalten. Es gab Erbauseinandersetzungen und beim Konzernumbau einen Parteispendenskandal, die Flick-Affäre, der die Bundesrepublik Deutschland erschütterte. Schließlich verkaufte 1985 sein Sohn Friedrich Karl Flick als Haupterbe die Unternehmen und setzte sich steuersparend nach Österreich ab, wo er, wie nun auch seine Erben, von allen weiteren Anfechtungen verschont blieb.

Eine Familie, an derem Vermögen das Blut von Millionen Menschen klebt, die das Opfer eines Regimes wurden, das von dieser Familie finanziell gefördert wurde, um dadurch ökonomische Vorteile zu ziehen, indem sie schließlich zu Hitlers größtem Rüstungsfabrikant wurden und die Arisierung jüdischer Betriebe sowie die Ausbeutung von Zwangsarbeitern geschickt für sich zu nutzen wussten, soll einen angemessenen steuerlichen Beitrag zur öffentlichen Finanzierung des Gedenkens an die Schrecken der Nazizeit und zur Förderung des antifaschistischen Grundkonsenses unserer Republik leisten.

Dietrich Mateschitz:

Geschätzes Vermögen: 3,9 Milliarden Euro. Kaum ein Unternehmen der Welt investiert derart viel in Extremsportarten wie die Getränkefirma Red Bull. Etwa die Hälfte des Marketingbudgets von 30 Prozent des Jahreserlöses fließen in ausgefallene sportliche Aktivitäten wie Laufen am Himalaya, Drachenfliegen über den Ärmelkanal, Surfen am Amazonas oder Mountainbiking im Bergwerk. Im vergangenen Jahr waren das rund 250 Millionen Euro. Gefördert werden damit nicht nur Wettbewerbe wie „Giants of Rio“ oder „Battle of Kings“, sondern auch Athleten selbst. Hunderte Sportler stehen derzeit bei Red Bull unter Vertrag. Der Motorsport ist unbestritten die kostenintensivste Schiene, aber auch die imageträchtigste. Die Philosophie hinter diesen enormen Summen sieht Mateschitz im geänderten Verständnis von Sportsponsoring als Möglichkeit, nicht nur Energie, Kraft und Ausdauer zu fördern, sondern auch Witz, Geistreichtum und Sympathie. Genau betrachtet ist Red Bull auch kein Produktions-, sondern ein Marketingunternehmen, denn es hat weder Produktionsanlagen noch Lagerräume, noch Lastwagen. Abgefüllt wird Red Bull vom Vorarlberger Fruchtsaft-Erzeuger Rauch. 90 Prozent der knapp 2.000 Mitarbeiter sind in irgendeiner Form Manager mit „Didi“ Mateschitz als Boß. Während die Gesellschaft, die Mateschitz mit seinem Ersparten gegründet hatte, 1987 noch nicht einmal eine Million Euro erlöste, beträgt der Umsatz inzwischen weit mehr als 1 Milliarde Euro bei kolportierten zweistelligen Gewinnmargen.

Ein Unternehmer, der das Vermögen seines Unternehmens überwiegend in das Sponsoring seiner idiosynkratischen sportlichen Vorlieben steckt, soll über eine Vermögenssteuer ordentliche Beiträge zur Finanzierung eines die Gesundheit der Bevölkerung fördernden Breitensport leisten, bei dem die Ausübenden nicht Kopf und Kragen riskieren müssen.

Familie von und zu Liechtenstein

Geschätzes Vermögen in Österreich: 3,6 Milliarden Euro. Seinen gewaltigen Kunstschatz hat das Liechtensteiner Fürstenhaus zum Teil dem waghalsigen Husarenstück zweier treuer Untertanen zu verdanken. In einem Postbus und einem Lastwagen samt Anhängern schlugen sich Andreas und Franz Ritter aus dem Dorf Mauren in den letzten Kriegstagen 1945 auf abenteuerlichen Pfaden durch Österreich. Auf allerhöchste Bitten räumten sie dort die Verstecke aus, in denen ihre Obrigkeiten Gemälde und andere wertvolle Kunstwerke eingelagert hatten. Vorbei an versprengten Truppen und unberechenbaren Kontrollposten, schmuggelten die Brüder ihre brisante Fuhre nach Liechtenstein. Das großzügige Wohlwollen der Fürstenfamilie war ihnen fortan gewiss. Viele hundert Millionen Euro ist die weltweit einmalige Kunstsammlung derer von und zu Liechtenstein heute wert. Nur ein Bruchteil davon wird in dem Wiener Palais der Familie gezeigt; die meisten Werke sind eingelagert. Man besitzt so viele Exponate, dass bisweilen der Platz in den hoheitlichen Residenzen knapp wird. Dann wird entrümpelt – so wie im Jahr 2008. Damals ließ man mehr als 400 Stücke für fünf Millionen Euro versteigern. Nicht mehr als ein kleines Zubrot für ein Fürstenhaus, dessen Gesamtvermögen auf bis zu fünf Milliarden Euro taxiert wird.

Beileibe nicht Kunstgeschäfte allein haben die Herrscherfamilie des als Steueroase verrufenen, alpinen Zwergstaates zu den reichsten Monarchen Europas gemacht. Die Familie Lichtenstein treibt von ihrer Schlossfestung hoch über Vaduz aus die weltweiten Kunst-, Banken-, Immobilien- und Agrargeschäfte äußerst diskret voran. Fürst Hans-Adam II ist das Oberhaupt der weit verzweigten, etwa hundertköpfigen Familie. Er fungiert als eine Art Vorstandsvorsitzender der Liechtensteiner Fürstenhaus AG. Diejenigen, die ihn kennen, schildern ihn als ehrgeizig und in geschäftlichen Dingen höchst umtriebig. Wobei die Grenzen zwischen Eigeninteressen des Fürstenhauses und Staatsräson fließend sind. Keiner der 35.000 Liechtensteiner käme ernsthaft auf die Idee, der Fürstenfamilie Steuern abzuverlangen. Per Gesetz ist sie von solch lästigen Abgaben befreit. Um das politische Tagesgeschäft kümmert sich zwar eine gewählte Regierung. Doch ohne das Fürstenhaus geht nichts. Viele führende Posten in Staat und Justiz werden direkt von den Monarchen besetzt. Der älteste Fürstensohn Erbprinz Alois fungiert z.B. seit 15. August 2004 als Staatsoberhaupt.

Eine Familie, die sich ihre eigene alpine Steueroase als Spielwiese für ihre Geschäfte hält, soll über eine Vermögenssteuer dazu beitragen, dass der österreichische Staat in der Lage ist, Kunstschätze zu kaufen, die der breiten Bevölkerung in Museen auch zugänglich sind; außerdem sollen die Finanzbehörden durch diese Steuereinnahmen auch über das Personal und die Ressourcen verfügen können, die notwendig sind, um die Steuerhinterziehung in den Offshore-Finanzplätzen effizient bekämpfen zu können.

Johann Graf

Der verschwiegene Fleischhackersohn aus Döbling schaffte es mit Spielautomatenhandel innnerhalb von zwanzig Jahren zum Milliarden-Euro-Unternehmer zu werden. Sein derzeitiges Vermögen wird auf ca. 3,5 Milliarden Euro geschätzt. Die von ihm gegründete Novomatic AG, eine Gumpoldskirchner Firma, exportiert Spielautomaten vom Wurstelprater bis nach Swasiland und macht jährlich mehr 1,5 Milliarden Euro Umsatz. 14.000 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen. All das ist diesem gelernten Fleischhauer zu verdanken: Johann Graf, ein zurückhaltender Selfmademilliardär, von Thomas Klestil im Jahr 2003 zum Professor ernannt. Aufgewachsen ist Graf im zerbombten Wien in Zimmer-Küche-Kabinett bei den Großeltern, wie er dem trend kürzlich in einem seiner seltenen Interviews verriet. 1980 importierte er zunächst Flipperautomaten und Wurlitzer. Er erkannte bald, wonach das Volk giert: Glücksspielautomaten, die er „Always Hot“, „Dolphin’s Pearl“ oder „Lucky Ladies Charm“ taufte. Rund 80.000 dieser Maschinen produzierte der Konzern vergangenes Jahr, 60.000 wurden verkauft. Sie rattern in Las Vegas und in den Indiandereservaten Colorados, in den Casinos Südafrikas, in Kaliningrad, Peru, Moldawien und im Grenzland bei Kleinhaugsdorf. In sechzig Ländern ist der Konzern aktiv. In Chile steht die Eröffnung des größen lateinamerikanischen Casinos bevor. In Russland hofft man auf ein Plätzchen in einem der vier El Dorados, die Putin gründen will.

Grafs Kontakte zu Politik und Medien sind exzellent. Johannes Hahn, der den Konzern auch noch als Gemeinderat jahrelang leitete, war Wissenschaftsminister und Wiens ÖVP-Chef und ist jetzt EU-Kommisar. Exinnenminister Karl Schlögl sitzt heute im Aufsichtsrat. Hannes Reichmann, einst einer der besten investigativen Wirtschaftsjournalisten des Landes, ist Konzernsprecher. Konzernchef Johann Graf ist auch auf der Mitgliederliste des berüchtigten Vereins der Polizeifreunde (siehe Florian Klenk im Falter vom 21.11.2007).

Ein Mann, der sein Milliardenvermögen dem Vertrieb von Spielautomaten und dem Betreiben von Wettcafes verdankt, soll über eine Vermögenssteuer seinen Beitrag zur Finanzierung von Beratungs- und Betreuungseinrichtungen für jene zehntausende Spielsüchtige leisten, die durch ihre Sucht Tag für Tag gefährdet sind, sich und ihre Familien um die Existenzgrundlage zu bringen.


Budgetsanierung nicht zu Lasten der ArbeitnehmerInnen

14. März 2010

Wachsendes Budgetdefizit

In Folge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise wird Österreich bis 2011/12 ein Budgetdefizit von 5-6 Milliarden Euro über dem nach dem Maastrichtkriterium zulässigen 3% jährlich aufbauen. Da der Stabilitätspakt der EU – abgesehen von kurzfristigen Ausnahmen – jedoch nur ein Defizit von höchsten 3% jährlich für zulässig erachtet, wird Österreich in den nächsten Jahren gegensteuern müssen, um dieses Defizit wieder abzubauen. Auf welchem Wege soll dies geschehen?

Der falsche Weg

Es ist zu befürchten, dass wie in der Vergangenheit diese Sanierung des österreichischen Haushalts über Maßnahmen erfolgen soll, die in erster Linie die ArbeitnehmerInnen trifft. Denn neben Einsparungen auf der Ausgabenseite wie der Verwaltungsreform werden Maßnahmen, wie die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes, Einsparungen bei den sozialen Sicherungssystemen und sonstige Steuererhöhungen, die den Faktor Arbeit sowie die unteren und mittleren Einkommen noch stärker belasten, angedacht. Das wäre jedoch der vollkommen falsche Weg. Denn erstens haben die ArbeitnehmerInnen diese Krise nicht verursacht. Die Krise ist vielmehr eine Folge einer alle Vorsicht außer Acht lassenden Spekulationsblase auf den internationalen Finanzmärkten, der über eine massive Vertrauenskrise der Banken auf die gesamte Wirtschaft übergegriffen hat. Zweitens würden diese Maßnahmen jene Menschen treffen, die als Konsumenten als einzige dem Abwärtstrend der Wirtschaft Widerstand geleisten haben. Wenn durch diese Maßnahmen der Konsum ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wird, dann wird das zarte Plänzchen Konjuktur, das durch einige Maßnahmenpakete gehegt wurde, mit der Wurzel ausgerissen. Die Folge davon wäre, dass statt einer Verringerung des Budgetdefizits eine Zunahme aufgrund geringerer Steuereinnahmen durch sinkendes Wirtschaftswachstum eintreten würde.

Der richtige Weg

Statt jene zu bestrafen, die keine Schuld an der Krise trifft, und die Konjuktur abzuwürgenm, sollten vielmehr Maßnahmen getroffen werden, die erstens jene zur Kasse bittet, die diese Krise zu verantworten haben; zweitens jene trifft, die sich seit vielen Jahren aus der Verantwortung stehlen, einen solidarischen Beitrag an den Kosten zur Finanzierung unserer hochentwickelten Gesellschaft zu leisten. Maßnahmen, die die Verursacher der Krise treffen würde, sind:
a) Bankenabgabe: Diese sollte keiner weiteren Diskussion bedürfen, da der Bankensektor durch die massive Unterstützung der Öffentlichkeit vor dem Zusammenbruch gerettet wurde, sodass es nur fair ist, wenn sich die Banken durch eine spezifische Abgabe dem Staat gegenüber für seine Rettungsaktion dankbar zeigen.
b) Finanztransaktionssteuer: Da die Finanzmärkte durch ihr „System der organisierten Verantwortungslosigkeit“ (Erich Foglar) immer neue Spekulationsblasen nährt, die schließlich platzen müssen, ist es dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die dem ungeregelten Wildwuchs der Spekulation einen Riegel vorschiebt. Die Finanztransaktionssteuer wäre neben der Regulation der Hedgefonds und Private Equity Fonds sowie dem Austrocknen von Steueroasen ein wichtiger Schritt auf deisem Wege.

Maßnahmen, die jene treffen würde, die es sich erstens leisten können und zweitens zur Zeit einen nicht angemessenen Beitrag im Steuersystem leisten, sind:
a) Vermögenssteuer: In Österreich leisten Vermögende eine Beitrag von weniger als 2% des Steueraufkommens. Die ArbeitnehmerInnen hingegen tragen durch Lohn- und Umsatzsteuer gut zwei Dritteln der Steuerlast. Wenn ab einem Freibetrag von EUR 500.000,– eine progressive Vermögenssteuer von 0,25% bis 1,5% eingeführt wird, so bringt das dem österreichischen Staat Mehreinnahmen von 3,5 Milliarden Euro. Dadurch könnte der Faktor Arbeit entlastet und das Budgetdefizit abgebaut werden.
b) Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Privatstiftungen: Während auf alle sonstigen Zinserträge eine Kapitalertragssteuer von 25% anfällt, können Vermögende in Österreich durch die Gründung einer Privatstiftung einen begünstigten Steuersatz von 12,5% in Anspruch nehmen. Dieser völlig unverständliche Vorteil für Vermögende sollte dringend aus der Welt geschafft werden.
c) Einführung einer reformierten Schenkungs- und Erbschaftssteuer: Da von der Abschaffung vor allem eine kleine Gruppe von sehr Vermögenden profitiert hat, sollte diese in abgewandelter Form wieder eingeführt werden. Um z.B. nicht die Mittelschicht sowie die Klein- und Mittelbetriebe zu treffen, sollte ein hoher Freibetrag von EUR 400.000,– gelten.
d) Aufhebung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren: Die in Österreich geltende Frist von einem Jahr begünstigt Börsengewinne gegenüber anderen Kapitalerträgen und sollten deshalb aufgehoben werden. Die Kursgewinne sollten somit generell mit 25% endbesteuert werden.
e) Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer: Die Börsenumsatzsteuer, die 2000 abgeschafft wurde, sollte mit einem höheren Steuersatz von 0,25% wiedereingeführt werden. Diese erübrigt sich jedoch, falls die oben genannte Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer gelingen sollte.
f) Abschaffung der Gruppenbesteuerung: Seit der Reform von 2005 können Unternehmen bei der Körperschaftsteuer die Verluste von ausländischen Beteiligungen gegenverrechnen, sodass sich der ohnehin geringe Steuersatz von 25% real weiter verringert. Dieser Möglichkeit muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden, da sonst durch das starke Engagement von österreichischen Unternehmen im krisengeschüttelten Osten auf Jahre hinaus die Steuerleistung massiv sinken würde.

Durch all diese Maßnahmen könnte das Budgetdefizit in Österreich verringert werden, ohne dass die Mehrheit der Bevölkerung schmerzlich zur Kasse gebeten wird!


Wie sieht ein sozial gerechtes und ökologisch sinnvolles Steuersystem aus?

17. Oktober 2009

Vor einigen Monaten habe ich mich hier in Grundzügen mit der Frage eines sozial gerechten Steuersystems auseinander gesetzt. Daran möchte ich anknüpfen und nun in einigen Punkten konkreter werden.

Steuern als politisches Gestaltungsmittel

Normalerweise denkt man/frau beim Thema Steuern als erstes daran, dass dies ein langweiliges und unangenehmes Thema sei. Wer sich schon Mal mit einer Einkommensteuererklärung herumgeschlagen hat, kennt zunächst nur eine Reaktion: Steuern sind eine viel zu komplizierte Angelegenheit – und ich selbst will möglichst wenig davon bezahlen müssen. Beschäftigt man/frau sich jedoch mit den Themen soziale Gerechtigkeit und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften, so führt kein Weg an der Steuerpolitik vorbei. Denn in dem Wort „Steuern“ steckt das Verb „steuern“, das lenken und gestalten bedeutet. Steuern sind nämlich ein politisches Gestaltungsmittel, um eine Gesellschaft zu lenken und für den Staat die Vorausssetzung, um seine Aufgaben zu erfüllen. So werden etwa öffentliche Einrichtungen finanziert, die Güter und Dienstleistungen gewährleisten, die von den privaten Unternehmen nicht oder nicht im notwendigen Ausmaß abgedeckt werden (z.B. Landesverteidigung, Polizei, Gerichtswesen, öffentlicher Verkehr, Müllentsorgung usw.). Weiters können mittels Steuern für die Allgemeinheit unerwünschte Verhaltensweisen im Rahmen einer freien Marktwirtschaft gelenkt werden. So dienen z.B. Ökosteuern dem Zweck, dass durch die Verteuerung von Energie und Verkehr ein niedriger Verbrauch und ein geringeres Verkehrsaufkommen erzielt wird. Durch die Erhöhung oder Senkung von Steuern kann auch ein stabilisierender Einfluss auf das Wirtschaftswachstum ausgeübt werden. In Falle einer Wirtschaftskrise, wie sie z.B. derzeit vorliegt, kann das Wachstum angekurbelt werden, indem durch Steuersenkungen die Kaufkraft der KonsumentInnen erhöht wird. Der wichtigste Effekt einer gelungenen Steuerpolitik besteht jedoch in der Transferfunktion, d.h. in der Umverteilung des Vermögens innerhalb einer Gesellschaft, wo Einkommen und Vermögen ohne diesen Eingriff sehr ungleich verteilt sind . Wenn durch die Mechanismen einer kapitalistischen Marktwirtschaft eine kleine Bevölkerungsschicht immer mehr Einkommen lukriert und dieses von Generation zu Generation weitervererbt, während die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung in Armut das Dasein fristen muss, dann fällt einer klugen Steuerpolitik die Aufgabe zu, das Vermögen gerechter zu verteilen. Steuern sind somit ein entscheidendes Instrument, um soziale Gerechtigkeit herzustellen und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften zu fördern. Wie sollte nun konkret ein Steuersystem aussehen (in Österreich), das diese Anforderungen erfüllt?


Eckpunkte eines sozial gerechten und ökologisch nachhaltigen Steuersystems

Einkommensteuer und Lohnsteuer

hundstorferIn der Regel sind Lohn- und Umsatzsteuer die wichtigsten Einnahmequellen des Staates. Zum Beispiel machen diese beiden in Österreich ca. 64 % der Steuereinnahmen aus. Wann ist die Besteuerung von Einkommen und Löhnen (Gehältern) gerecht? Um hier gerecht zu sein, muss die Steuerpolitik folgende Prinzipien verfolgen: Bei Lohn- und Einkommensteuer ist das Kriterium der Leistungsfähigkeit heranzuziehen. Je höher das Einkommen ist, desto leistungsfähiger ist eine Person, d.h. einen um so höheren Anteil des Einkommens sollte die Steuerzahlung ausmachen. Dies wird durch einen progressiven Tarif gewährleistet. In Österreich etwa wird bis € 10.000,– keine Einkommensteuer eingehoben, darüber steigt das Satz von 23% bis 50% (bei Einkommen über 60.000,–). In dieser Hinsicht ist dem österreichischen System durchaus ein gerechter Ansatz zuzugestehen. Als nicht gerecht erweist sich jedoch der Umstand, dass im Vergleich zu den anderen Formen der Besteuerung diese in zu starkem Ausmaß belastet wird. Deshalb wäre es angebracht, bei der Lohnsteuer vor allem der mittleren Einkommen eine Entlastung zu vollziehen, für die mit der Steuerreform 2009 bereits der richtige Weg gewiesen wurde. Eine zukünftige Steuerprogression könnte daher etwa wie folgt aussehen (Vorschlag von FSG-GPA-djp):

Bis 10.000 EUR 0%

10.000 bis 15.000 EUR 25%

15.000 bis 25.000 EUR 35%

25.000 bis 40.000 EUR 40%

40.000 bis 51.000 EUR 44%

51.000 bis 60.000 EUR 48%

Über 60.000 EUR 50%

Über 150.000 EUR 55%


Wertschöpfungsabgabe

dallingerUm die verringerten Einnahmen bei der Einkommensteuer aufzufangen, könnte zum einen Teil ganz wesentlich diese höchst umstrittene Form der Besteuerung, die 1983 vom damaligen Sozialminister Alfred Dallinger vorgestellt wurde, herangezogen werden. Sie hätte vor allem einen positiven Lenkungseffekt für den Arbeitsmarkt. Die hohe Besteuerung des Faktors Arbeit im Verhältnis zur Besteuerung des Faktors Kapital vermindert den Einsatz von Arbeit in der Produktion bzw. führt zur Ersetzung durch Computer und Maschinen. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe zur Finanzierung von Sozialleistungen – oft auch als »Umbasierung« der Sozialversicherungsbeiträge bezeichnet – könnte als Instrument der Gegensteuerung eingesetzt werden. Ein erster Schritt wäre etwa eine Umbasierung der Beiträge zum FLAF, mit einer Senkung des Beitragssatzes von derzeit 4,5 auf 2,5%. Mehr Beiträge hätten kapitalintensive Branchen, wie Energiewirtschaft, Banken, Versicherungen und die Landwirtschaft, zu leisten. Entlastet würden Industrie und Gewerbe insgesamt, der Handel und der Bausektor. In einer WIFO-Studie aus 1997 wurde die Beschäftigungswirkung einer Umstellung der FLAF-Finanzierung untersucht. Mittelfristig, so das Ergebnis, könnte durch diese geringfügige Änderung 21.000 Arbeitsplätze entstehen. »Eine vorerst aufkommensneutrale Wertschöpfungsabgabe würde auch zu einer Steigerung des Beitragsaufkommens führen, weil die erweiterte Bemessungsgrundlage rascher steigt als die in den letzten 15 Jahren sinkende Lohnsumme. Von einer adäquaten Mitfinanzierung des Sozialstaates könnten sich Unternehmen, die jetzt durch Rationalisierungsinvestitionen und Kündigungen sparen, nicht mehr so leicht drücken« – zu diesem Ergebnis kommen Günther Chaloupek, Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung der AK, und Georg Kovarik, Leiter des Referates für Volkswirtschaft des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.


Vermögensbezogene Steuern

Durch den vermehrten Einsatz vermögensbezogener Steuern könnte der andere Teil, der durch die Entlastung des Faktors Arbeit verlorengeht, ausgeglichen werden. Außerdem ließe sich damit auch ein erwünschter Umverteilungseffekte erzielen. In Österreich sollte so zumindest ein Aufkommen des Durchschnitts der EU-Mitgliedsländer zu erreichen sein.

KatzianWie diese Maßnahmen aussehen könnten, ist ebenfalls dem bereits weiter oben zitierten Grundlagenpapier zur Steuergerechtigkeit von FSG-GPA-djp zu entnehmen:

Als wichtigste Form der Vermögensbezogenen Besteuerung sollte bei Wertzuwächsen die Aufhebung der Spekulationsfrist von einem Jahr bei Wertpapieren erreicht werden (Vermögenszuwachssteuer). Die Kursgewinne sollten somit generell mit 25% endbesteuert werden. Die Spekulationsfrist bei Immobilien sollte auf 20 Jahre verdoppelt werden. Die bestehende Ausnahmeregelung für Hauptwohnsitze sollte jedoch beibehalten werden. Diese sieht eine Ausnahme von der Besteuerung für Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen (samt Grund und Boden) vor, die dem Verkäufer seit der Anschaffung, mindestens aber seit 2 Jahren, als Hauptwohnsitz gedient haben.

Die Börsenumsatzsteuer, die 2000 abgeschafft wurde, sollte mit einem höheren Steuersatz von 0,25% wiedereingeführt werden. Diese erübrigt sich jedoch ab der Einführung einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer.

Es sollte für Vermögenserträge von Stiftungen die volle KESt abzuführen sein. Derzeit wird nur die halbe KEst für Zinsen und 0% KEst auf Dividenden eingehoben. Der Eingangssteuersatz von 5% bei Stiftungen sollte beibehalten werden.

Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Stock Options. Steuerbegünstigte Zahlungen an SpitzenverdienerInnen sind verteilungspolitsicher kontraproduktiv und daher abzulehnen.

Die seit Jahren geforderte Einführung einer Besteuerung von Devisentransaktionen (Tobin tax) sollte zu einer allgemeinen Steuer auf Finanztransaktionen erweitert werden. Damit werden nicht nur Devisentransaktionen erfasst, sondern auch die von Wertpapieren und vor allem die volumenmäßig am stärksten gestiegenen Derivate (Optionen, Futures).

foglarDa die reichsten 10% in Österreich 70% des Vermögens besitzen und sich diese Entwicklung in den letzten Jahrzehnten zuungunsten der Mehrheit verlaufen ist, sollte eine Progressive Vermögenssteuer eingeführt werden. Man könnte etwa eine progressive Staffelung andenken, die wie folgt aussieht:

Freibetrag von 500.000 EUR

Eingangssteuersatz von etwa 0,25%, der sich schrittweise

auf 1,5% bei 2 Mio. EUR Vermögen erhöht.

Wegen des hohen administrativen Aufwandes bei der Wertbemessung des Hausrates sollte dieser von der Steuer ausgenommen werden. Die Vermögenssteuer soll nur für Privatpersonen und eigennützige Privatstiftungen gelten, nicht jedoch für Unternehmen.

tumpelSchließlich ist unbedingt an die Einführung einer reformierten Erbschafts- und Schenkungssteuer zu denken. Eckpunkte einer solchen wären die Vorschläge der AK:

Finanzvermögen sind wie jede Art des Vermögens steuerpflichtig (es gibt nur mehr zwei Steuerklassen statt fünf)

die Steuersätze bewegen sich „nur“ mehr zwischen 4% und 20%

Um kleine und mittlere Erbschaften nicht zu belasten, sollte es einen Steuerfreibetrag bis zu EUR 400.000,– (auch für Betriebsvermögen) geben.

– Faire Bewertung von Grundstücken

Körperschaftssteuer

Bei der Besteuerung von Unternehmensgewinnen ist ein Ende des Steuerdumpings innerhalb der EU notwendig. Solange die Mitglieder der EU sich gegenseitig mit ihren Angeboten unterbieten, kann es keine faire Besteuerung von Unternehmensgewinnen geben. Die Körperschaftssteuer liegt in Österreich mit 25% deutlich unter dem Durchschnitt der Einkommenbesteuerung. Deshalb müsste diese EU-weit einheitlich auf einen Wert zwischen 32 und 35% erhöht werden. Und Österreich muss die großzügige Verrechnung von Verlusten in Zusammenhang mit ausländischen Betriebsstätten und Beteiligungen einstellen.

Um die ökologische Nachhaltigkeit zu stärken, wäre jedoch eine Ausnahme denkbar. Unternehmen, die besondern energiesparende und ökologisch wertvolle Produkte und Innovationen entwickeln, könnten für einen Zeitraum von 5 Jahren mit einem verringerten Steuersatz von 25% gefördert werden.


Umsatzsteuer

Als indirekte Steuer wird die Umsatzsteuer auf alle Güter und Dienstleister eingehoben und damit zwar vom Unternehmer an das Finanzamt abgeführt. Die Last wird jedoch von allen Konsumenten getragen. Sozial unvorteilhaft an dieser Form der Besteuerung ist somit, dass BezieherInnen von niedrigen Einkommen stärker belastet werden, weil diese Gruppe ihr Einkommen fast ausschließlich für Konsumzwecke verwenden muss. Sozial gerechter wäre somit eine Diversifizierung, die zur Zeit in der EU nicht möglich ist. Statt der bestehenden zwei Abstufungen wären sozial weitaus verträglicher, das folgende Schema anzuwenden:

Für Produkte des täglichen Grundbedarfs (Nahrung usw.): begünstigter Steuersatz von 6%

Förderungswürdige Güter alltäglichen Bedarfs (Bücher, Miete usw.): 10%

Sonstige Güter: 15%, mit Ausnahme

von sogenannten Luxusgütern, die nur von besonders vermögenden Personen erworben werden (z.B. teure Autos, Schmuck), für die wieder ein erhöhter Steuersatz eingeführt werden sollte: 30%


Verbrauchersteuern

vanderbellenDieser Form der Besteuerung von ausgewählten Gütern (Tabaksteuer, Mineralölsteuer usw.) kommt besondere Bedeutung hinsichtlich der Lenkung unseres ökologischen Verhaltens zu. Deshalb sollte die Entwicklung der letzten Jahre fortgesetzt werden, die ökologische Nachhaltigkeit gefährdendes Verhalten (Nutzung fossiler Brennstoffe, hoher Benzinverbrauch, hoher Energiverbrauch usw.) durch höhrere Steuern zu bestrafen.


Vermögensabhängige Steuern sind höchst an der Zeit!

26. April 2009

Nachdem sich Bundeskanzler Faymann beim 64. Landeskongress der Wiener SPÖ nun doch der Forderung des ÖGB nach einer Vermögenszuwachssteuer und einer europäischen Finanztransaktionssteuer angeschlossen hat, kam sofort von Seiten des Finanzministers eine kategorische Ablehnung. Pröll sagte am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington, er sei strikt dagegen, in einer Phase, in der die Menschen durch die Steuerreform entlastet würden und die Konjunktur ganz andere Signale brauche, über neue Steuern zu diskutieren. Was ist davon zu halten?

Zum Einen ist festzuhalten, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat. Denn Faymann hatte sofort klargestellt, er wolle weder den Großmüttern noch den HäuslbaVermögensbesteuerung in Österreichuern etwas wegnehmen. „Keine höhere Steuern für die Mittelschichten dieses Landes.“Es geht somit nicht um eine zusätzlich Belastung der mittleren Einkommen, die durch Arbeit erzielt werden. Vielmehr sollen jene zur Kasse gebeten werden, die sich seit vielen Jahren in immer geringerem Ausmaß am Steueraufkommen in Österreich beteiligen.

Zum Anderen sieht es in Österreich in Bezug auf Steuergerechtigkeit sehr traurig aus. Sehen wir uns nämlich an, wie die Verteilung der Steuerlast in Österreich sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. „Die Besteuerung der Unternehmensgewinne liegt deutlich unter dem EU-Schnitt, und Vermögen werden in keinem andern Industrieland so gering besteuert wie hierzulande … Der Beitrag der Steuern auf das Vermögen zur Staatsfinanzierung hat sich in den letzten 30 Jahren um 2/3 verringert, obwohl die Vermögen sehr stark angewachsen sind. Konkret wurde 1993 die Vermögensteuer abgeschafft, die Einheitswerte von Grundstücken, die als Grundlage für die Besteuerung dienen, wurden seit 1983 nicht mehr angepasst und entsprechen nur einem Zehntel der Marktpreise. Die 1993 geschaffene Rechtsform der „Privatstiftung“ ermöglicht es, dass in Österreich ausgerechnet die Reichsten die geringsten Steuersätze auf ihre Einkommen zahlen. Würden die Vermögens- und Gewinnsteuern nur so viel zur Staatsfinanzierung beitragen wie im EU-Durchschnitt, dann hätte Österreich in den letzten Jahren rund 7 Milliarden Euro pro Jahr mehr eingenommen und damit satte Budgetüberschüsse – Sozialleistungen müssten nicht gekürzt werden (Datenquelle: OECD Revenue Statistics).“ (Attac Austria) Und wie sieht es demgegenüber mit der Steuerleistung auf den Faktor Arbeit aus? „EU-Kommissar Mario Monti hat 1998 vorgerechnet, dass in der EU die durchschnittliche Besteuerung von Arbeit in den letzten 15 Jahren von 35 auf 42% angestiegen ist (während die Kapitalbesteuerung von 45 auf 35% zurückging). In Österreich ist die Scherenentwicklung noch krasser: Der Anteil der Unternehmensgewinnsteuern am Gesamtsteueraufkommen hat sich seit 1965 von 27 auf 14% halbiert. Gleichzeitig hat sich der Anteil der Lohnsteuer am Gesamtsteueraufkommen von 10 auf 30% verdreifacht.“ (Attac Austria)

Die Einwände von Seiten vieler ÖVP-Politiker (Ernst Strasser, Günter Stummvoll, Karlheinz Kopf), es solle der Mittelstand gemolken werden, gehen somit völlig an der Sache vorbei! Sie sollen wohl davon ablenken, dass es endlich an der Zeit ist, der beschämenden Fehlentwicklung in der Steuerpolitik über Jahrzehnte entgegenzuwirken. Und gerade jetzt, wo angesichts der Weltwirtschaftskrise überall Konjunkturpakete geschnürt werden, um jene Rezession anzufedern, in die die Realwirtschaft aufgrund von skrupellosen Zockern auf den Finanzmärkten geschlittert ist, führt kein Weg daran vorbei, nicht jene noch mehr zu belasten, die ohnehin schon zum Handkuss kommen, weil sie von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, Nulllohnrunden oder Lohnverzicht betroffen sind. Vielmehr ist es höchste Zeit, dass Kapital und Vermögen einen angemessenen Beitrag zu einem funktionierenden solidarischen Sozialstaat leisten, der jenen unter die Arme greift, die in einer Welt frei flottierenden Finanzkapitals nicht das Glück haben, durch Hedge Fonds unverschämt reich zu werden – und kleine Volkswirtschaften in eine Krise zu stürzen – oder Kleinanlegern durch falsche Versprechungen das Geld aus der Tasche zu ziehen und durch Partly-Paid-Shares auch noch Zertifikationsscheine herausgeben, die über mehrere Firmen mit dem Geld von Anlegern zurückgekauft werden, um den Kurs der Papiere hochzuhalten. Und so werden zu guter Letzt endlich auch jene zur Kasse gebeten, die sich durch Subprime-Darlehen eine goldene Nase verdienen wollten und die Weltwirtschaft durch das Platzen der Immobilienblase in ein Desaster gestürzt haben.